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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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verkehrte kaum mit den Akademikern, außer mit ihrem Präsidenten; andererseits ver­mied er, nach Fertigstellung der äußeren Organisation, in die Arbeiten irgendwie ein­zugreifen, weder fördernd noch hindernd. Sein Name allein war allen ein Ansporn, er allein wog als Deutscher viele französische Gelehrte auf."

Nun aber traf es sich gar noch, daß die beiden bedeutendsten Vertreter des Fran- zosentums in der Akademie und in nächster Umgebung des Königs sehr bald in furcht­baren Gegensatz zueinander gerieten. Voltaire, der große Literat und Freund des Königs, war zuerst für die Präsidentschaft an der Akademie ausersehen gewesen, hatte aber nicht sogleich abkommen können, und so nahm Maupertuis den Platz ein. Dies hat der ehrgeizige Voltaire seinem gelehrten Landsmanne nie verzeihen können. Voltaire kam als Gast des Königs s?50 nach Berlin, wo er drei Jahre lang blieb. Bald be­nutzte er eine wissenschaftliche Streitfrage zwischen dem Präsidenten und dem auswärtigen Mitglied der Akademie Samuel König, um seinen Landsmann anonym anzugreifen und ihn nichts Geringeres als ein Plagiat vorzuwerfen. Infolge verschiedener Schmäh­schriften Voltaires kam es schließlich auch zum Bruch zwischen dem bisherigen Günstling und dem Könige, und Maupertuis erkrankte durch die erlittenen Aufregungen und starb schon im Auslande.

Inzwischen war der große Dritte Schlesische Krieg ausgebrochen, der lange Zeit den König von der Sorge um seine Akademie abzog und diese selbst natürlich in ihren Arbeiten und Interessen hemmte. Unter den in dieser kriegerischen Zeit aufgenommenen Mit­gliedern befand sich auch Lessingendlich einmal eine Wahl, bei der die Akademie sich ihrer Aufgabe, die deutsche Literatur zu pflegen, erinnert hat!" Nur der König miß­billigte diese Wahl, weil Lessing vorher von Voltaire verleumdet worden war.

Selbst nach dem großen Kriege und seinen Siegen über die Franzosen verringerte sich Friedrichs Vorliebe für diese Nation nicht. Und dennoch konnten die Deutschen voll Stolz betonen, daß sie es fast allein seien, die der Akademie wirklich wissenschaftliches An­sehen gaben: Guter, Vater und Sohn, Pott, Marggraf, Gleditsch, Merian, Sulzer und Süßmilch leisteten allein die wissenschaftliche Arbeit, der die französischen Mitglieder nichts Gleichwertiges entgegenstellen konnten. Gleichwohl suchte der König den berühmten französischen Enzyklopädisten d'Alembert an die Spitze der Akademie zu stellen, konnte diesen aber nicht zur Annahme des Amtes bewegen. Und so blieb Friedrich selbst der eigentliche Akademiepräsident, indem er sich selbst zum stellvertretenden Präsi­denten erklärte, der vor allem allein Neuwahlen von Mitgliedern durchführte, immer den Ratschlägen des fernwohnenden d'Alembert folgend.

So kamen denn freilich die bedeutendsten Deutschen der Zeit, ein Geliert, ein Winckelmann, ein Herder, nicht in die Berliner Akademie; Lessing blieb dem Könige ein Dorn im Auge. In der ganzen, langen Zeit der Regierung Friedrichs des Großen ist nicht ein einziger Deutscher zum auswärtigen Mitglied der Berliner Akademie ernannt worden und nur fünf Spezialgelehrte zu ordentlichen?)

Mit ihrem großen König alterte auch die Akademie." Die Zahl der ordentlichen Mitglieder betrug um das Jahr s780 nur noch s8.Dreiundzwanzig Jahre hindurch

tz lsarnack, a. a. V.