Part 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Place and Date of Creation
Page
481
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

M

Ähnlich wiederholte dies der König fort und fort. Aber die bisherige Art des Sprach- betriebes billigte er durchaus nicht, und er hat sich darin, ohne die philologischen und pädagogischen Lehren der neueren Zeit eigentlich verfolgt zu haben, ebenfalls als An­hänger des Neuhumanismus und andererseits des Philanthropismus gezeigt. Die Schüler sollen nicht bloß Worte und Wendungen aus den Autoren exerzieren, sie sollen lernenden Grazien opfern", sie sollenBeredsamkeit der Geschichtschreibung im großen Geschmack" kennen lernen. Darum sollen die Schriftsteller nicht zeilenweise buchstabiert, sondern im ganzen gelesen werden, und damit dies möglich werde, sollen die uutoras elnssioi alle ins Deutsche übersetzt werden. Daneben sollen Rhetorik und Logik die Grundlagen des höheren Unterrichts sein. Auch im einzelnen bekümmerte sich der König um Organisation und Lehrpläne der Gymnasien, wie die Audienzen Meierottos beim Könige, worüber wir Berichte besitzen, beweisen.

Mit den Zielen und Gedanken Friedrichs des Großen war Minister von Zedlitz durchaus einverstanden, ging aber in der Verwertung des Neuhumanismus noch weiter, indem er vor allem den griechischen Unterricht stark begünstigte und auch seine Auf­merksamkeit auf den Unterricht in deutscher Sprache und Literatur richtete. Sein Ver­fahren, diese Grundsätze in die Praxis einzuführen, bestand nicht in der Aufstellung eines allgemeingültigen Lehrplanes, sondern er reformierte zunächst einige wenige Schulanstalten in seinem Sinne, die als Muster dann den übrigen voranleuchten sollten. Zm Branden- burgischen war vor allem das alte Zoach imsthals che Gymnasium in Berlin das Objekt seiner Reform. Hierher hatte er Zoh. Heinr. Ludwig Meierotto als Rektor berufen. Dieser stammte aus einer pommerschen Pädagogenfamilie, hatte selbst das Zoachims- thalsche Gymnasium besucht und wirkte seit 1,771 daselbst als Professor der Beredsamkeit. Zn einem längeren Rektoratsinterim war aber das Gymnasium sehr herunter­gekommen. Meierotto richtete nun das Fachklassensystem ein, führte Naturwissenschafts­unterricht und verschiedene philosophische Zweige als Unterrichtsgegenstände ein und darf als ursprünglicher Anreger der Abiturientenprüfung angesehen werden. Hierher wurde auch der aus Berlin stammende p. Villaume (bis l7ß3) berufen, ein Mitarbeiter des philanthropistischenRevisionswerkes" und Förderer der Lehrmethoden. Neben dem damals maßgebenden Zoachimsthalschen Gymnasium entwickelten sich auch die anderen Gymnasien Brandenburgs im Sinne der neuen Reformbewegung, zumal in Berlin: Unter Büsching das vereinigte Berlin-Göllnische, unter Friedrich Gedicke das Friedrich-Werdersche Gym­nasium, unter 5 teinbart das Pädagogium in Züllichau u. a. Von diesen hervorragen­den Schulmännern war Gedicke ein Kind der prignitz, war in Züllichau und in Seehausen zur Schule gegangen, hatte Theologie studiert und wurde später Rektor des Friedrich- Werderschen Gymnasiums, das unter ihm die gesuchteste Anstalt Berlins wurde. Als Mitglied des Oberschulkollegium verfaßte er mit Meierotto zusammen das Edikt über die Maturitätsprüfungen (s788). Gr gründete auch das erste Seminar für gelehrte Schulen in Berlin. Seine Schulpolitik ging hauptsächlich dahin, viele von den lateinischen Schulen der kleineren Städte in Realschulen oder Bürgerschulen umzuwandeln.

Diese Schulmänner waren zugleich auch tüchtige Gelehrte, und es war des großen Königs tiefe Einsicht, daß er offenbar Wert auf dauernd lebendige Beziehungen zwischen der Hüterin der Wissenschaften und deren Pflanzstätten legte. Einige der hervor-

Brandenburgische Landeskunde. Bd. IV. 3 ^