H85
Aber er hat doch der Welt auf märkischem Boden die Ausführung von Ideen für die Landschulen gezeigt, die Hecker auf anderem Gebiete praktisch erwies.
Inmitten dieser mannigfachen pädagogischen Reformbestrebungen unter den Augen eines auf der höchsten Höhe der Bildung stehenden königlichen Erziehers wuchs der Neffe Friedrichs II., der nachmalige König Friedrich Wilhelm II., auf. Freilich auch bei diesem Prinzen erwiesen sich die Absichten des Erziehers als vielfach unwirksam. Die Instruktion des Oheims an den erwählten Hofmeister des Prinzen, Blajor von Borcke (>7öH, zeigt, wie die pädagogischen Meinungen des Königs in den Anschauungen der Zeit wurzelten. Friedrich legt großes Gewicht vor allem auf geschichtliche Kenntnisse, verlangt Unterricht in Logik und Geschichte der Philosophie und der Religionen, und im Sinne des herrschenden Philanthropismus bezeichnet er es als die Kunst des Pädagogen, dem Prinzen alle Lernstoffe angenehm zu machen, die Pedanterie fernzuhalten und ihm Geschmack an den Studien beizubringen.
Die ganze Richtung der Zeit And der pädagogischen Bestrebungen ging gegen den humanistischen Betrieb des Unterrichts, wie ihn die höheren Schulen bis herab zu den kleinsten Lateinschulen noch festhielten. Jetzt verlangte man für alle Stände praktische, unmittelbar nützliche Kenntnisse; die Realien fanden in hohen und niederen Schulen mehr und mehr Eingang; die Schule suchte Fühlung mit dem Leben Neben Land- und Bürgerschulen entstanden deshalb jetzt sogenannte Industrieschulen, Gewerbeschulen, Arbeitsschulen, in denen ein vorbereitender Unterricht für Handwerker, Landwirte usw. gegeben wurde, teils selbständig in besonderer Anstalt, teils in Verbindung mit dem herkömmlichen Volksschulunterricht. Die sogenannte Erwerbsschule in Berlin (gegründet t?93)war die bekannteste brandenburgische Frucht dieser Art. Diesen Bestrebungen begegnet man später wieder einesteils in der wachsenden Realschulbewegung, anderenteils in den Versuchen zur Einführung eines. Handarbeitsunterrichts in den Elementarschulen und schließlich in der Entwicklung des Fortbildungsschulwesens.
So sehen wir in den letzten Jahren Friedrichs des Großen in allen Zweigen des Schulwesens die regste Tätigkeit erwachen. Die höheren Schulen machten nach den Grundsätzen des Göttinger Neuhumanismus eine Läuterung durch, die Anfänge der Realschule hatten sich bereits zu einer besonderen Schulgattung klar herausgebildet, die realistische Richtung hatte in den Städten Bürgerschulen geschaffen, und die Volksschule war durch das allgemein-preußische Schulgesetz von unmittelbar zu einer Staatsangelegenheit geprägt worden, wie es nie zuvor in gleichem Umfange geschehen war.
Noch kurz vor Friedrichs Tode wurde auch die Einheitlichkeit des Schulwesens durch eine oberste Schulbehörde, das „Oberschulkollegium"-, das bald darauf in Tätigkeit trat (s787), gesichert, wodurch die Schule im allgemeinen unabhängig von den kirchlichen Organen wurde.
So war auf dem Gebiete des Bildungswesens Brandenburg-Preußen vorbildlich für ganz Deutschland geworden, und Österreich, Bayern, Württemberg verpflanzten freudig die dort aufgekeimten Ansätze auch in ihre Gebiete. —
Bildete so die Zeit des Todes von Friedrich dem Großen in vieler Beziehung einen Höhepunkt im geistigen Streben der Mark wie ganz Deutschlands, so stand die Entwicklung doch auch in den folgenden Jahren noch nicht still. Vor allem wirkte die