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einen furchtbaren allgemeinen Schlag gegen die herrschende Aufklärung, zu deren Gegner er den Monarchen längst sich entwickeln sah, und brachte mit einem Federstrich ganz Brandenburg-Preußen um etwa 180 Jahre zurück: der moderne Toleranzstaat des Großen Kurfürsten wurde in einen Tummelplatz heuchlerischer Frömmelei verwandelt; die Unduldsamkeit griff im Staate eines Friedrichs des Großen um sich. Am fühlbarsten war dies natürlich auf dem Gebiete des Kirchen- und Schulwesens. Ebenso wie die Geistlichen wurden die Lehrer, welche von den symbolischen Büchern ihres Bekenntnisses abwichen, mit harten Strafen bedroht, und durch das s79l folgende „Zensuredikt" wurde eine häßliche Gesinnungsspionage amtlich eingeführt, die keinen geraden Tharakter mehr duldete. Ts wurde als eine große Erleichterung angesehen, als Friedrich Wilhelm III. gleich nach seinem Regierungsantritt s798 diesen Mann entließ, der sich ins Privatleben zurückziehen mußte.
Nicht so jäh und durchgreifend hatte der Systemwechsel nach dem Tode des großen Friedrich auf die märkische Wissenschaft und ihre Zentrale, die Berliner Akademie, eingewirkt. Ester war es in den ersten Jahren Friedrich Wilhelms II. der aufgeklärte Minister hertzberg, der, von brennendem Ehrgeiz beseelt, nicht nur die äußere Politik Preußens, sondern auch die innere mit regem Eifer in die Hand nahm. Wir haben gesehen, wie die friderizianische Akademie allmählich ganz in ein französisches Institut sich verwandelt hatte; mit edlen patriotisch gesinnten Männern fühlte auch hertzberg die Notwendigkeit einer Reform in deutsch-nationalem Sinne. Auch Friedrich Wilhelm hatte eine völlig französische Erziehung genossen, aber schon der bewußte Gegensatz zu seinem großen Gheim brachte ihn den Deutschen näher. Sofort wurde auf Hertzbergs Betreiben eine ganze Anzahl deutscher Mitglieder in die Akademie ausgenommen und damit eine Umwandlung des Instituts herbeigeführt. Jetzt erst zog die Berliner Aufklärung in die Akademie ein, d. h. zu einer Zeit, da sie ihre Glanztage schon hinter sich hatte, und Ramler, der Dichter, Engel, der Ästhetiker, Teller, Propst zu Berlin, ein Haupt der theologischen Aufklärung, wurden neben den tüchtigen Fachgelehrten Bode, Meierotto, Moehsen u. a., bald auch Moritz, Gedike, Aoellner Mitglieder. Nur der berühmte Nicolai fand noch keine Aufnahme. Aber viele von dem deutscben Zuwachs waren wenig bedeutende Gelehrte. Und dann — wie seltsam I — neben diesen Männern der Aufklärung war auch jener Wöllner ausgenommen, der bald darauf so ungeheuer gegen die Aufklärung wütete. Aber der Akademie hat er wenig anhaben können: wissenschaftlichen Einfluß besaß er nicht, sein „Religionsedikt" traf die gelehrte Körperschaft nicht, so allgemein es auch in ihr verurteilt wurde. Wöllners geheime Wühlereien beim König gegen die ihm verächtliche, rein wissenschaftliche Arbeit der Akademie hat der Minister hertzberg abzuwehren verstanden: „ein Verdienst, das nicht gering anzuschlagen ist."h
hertzberg war jedoch bei seinem Tode s?95 bereits völlig in Ungnade gefallen: Wöllner beherrschte allein das Feld, und schon s796 mußte Alexander von Humboldt von der Akademie sagen, sie sei ein Siechenhaus. Erst mit dem Tode Friedrich Wilhelms II. fielen die Wöllnerschen Fesseln.
Auch Friedrich Wilhelm III. besaß keine wirkliche Hochschätzung der reinen Wissen-
') vgl. A. Harnack a. a. D. I, 50 H.