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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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schast, die für ihn von den praktisch-nützlichen Zielen begrenzt blieb. Zudem wurden zu­nächst alle reformatorischen Gedanken hinsichtlich Wissenschaft und Schule durch die üblen Finanzverhältnisse gelähmt, in denen sein Vater den Staat hinterlassen hatte. Der neue König hatte keine rein französische Erziehung genossen, und bei seinem einfachen, ehrlichen Charakter besaß er eine ungeheuchelte Frömmigkeit, die jedoch frei war von aller Unduldsamkeit. Somit war eine seiner ersten Regierungshandlungen die Entlassung des völlig intoleranten Wöllner und die Aufhebung des verhaßtenReligionsediktes".

Ein Mann von rein praktischen Neigungen, von Massow, wurde zum Nkinister ernannt. Dieser war schon Kurator Berliner höherer Schulen und erhielt nun das evangelische Oberschuldepartement. Beeinflußt von diesem, wünschte der König, daß sich die Akademie wesentlich demgemeinen Leben" und seiner Verbesserung widmen möge, sie solle für die Hebung der nationalen Industrie, für die Aufklärung des Volkes, für Förderung des Erziehungswesens tätig sein: alles wertvolle Aufgaben, aber keine wissenschaftlichen. Da aber begreiflicherweise dieseReformgedanken" innerhalb der Akademie keine Begeisterung erwecken konnten, und der König bei allen Änderungen sich vor jeder Überstürzung scheute, so blieb so ziemlich alles beim alten.Daher konnte die Akademie in den Jahren s799f806 ein selten unterbrochenes Stilleben führen, während in der politischen Welt sowohl als in der Welt des Geistes Stürme brausten, das alte Reich zerfiel und eine neue Zeit heraufzog."

Das Französische blieb auch jetzt noch die Sprache der Akademie, obwohl jetzt fast nur Deutsche deren Nachwuchs stellten. Es begegnet uns der berühmte Königliche Leibarzt und vielseitig gebildete Hufeland, Nicolai, das frühere Haupt der rückständig gewordenen Berliner Aufklärung, dessen Gefährte Biester, der Bibliothekar der Großen Bibliothek, die jetzt der Akademie unterstellt worden war. Schon aber kamen auch die Sterne der neuen Zeit, vor allem: Alexander von Humboldt, der freilich sich meist auf Reisen befand. Der Kabinettsrat von Bevme und Hardenberg lenkten die Aufmerksamkeit noch auf den Hannoveraner Thaer, den Begründer der rationellen Landwirtschaft in Deutsch­land, und auf Johannes von Nküller, der brandenburgischer Historiograph wurde, sowie auf Schiller, der Berlin besuchte, ohne sich jedoch dort halten zu lassen.

Vor allem aber ist hier der Kämpfe zu gedenken, die Fichtes Gesuch um Aufnahme in die Berliner Akademie in den wissenschaftlichen Kreisen Berlins verursacht hat. I. Gottl. Fichte, aus der Oberlausitz gebürtig, hatte die Universität Jena verlassen müssen und sich s7st9 nach Berlin begeben, um eine Stelle in der Akademie zu erlangen. Er hatte sich damit mitten hinein in die deutsche Zentrale derjenigen Weltanschauung gesetzt, die er als philosophischer Neuerer und Reformator aufs heftigste bekämpfte, der Aufklärung. In wahrhaft prophetischem Geiste ahnte und fühlte Fichte schon damals die aus der bequemen Selbstgenügsamkeit, dem gänzlichen Mangel an idealen Gesichts­punkten der bereits entarteten Ausklärungsperiode entkeimende Erschlaffung des moralischen Willens; ihr reines Nützlichkeitsbestreben erschien ihm Gift für den Charakter. Diesem, besonders in Berlin noch herrschenden Geiste der Zeit hatte ermit großartigem Schwung den Krieg angekündigt und ihm den erhabensten Idealismus gegenübergestellt".

Fichte benutzte, seit s805 in Berlin, die neu aufgekommene Sitte der öffentlichen Vorträge, um seine LehrenUber die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters" vor