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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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er seine erste Professur, von wo er I7H8, im Alter von 36 Jahren, als Direktor des Berliner Kollegiums gerufen wurde, um dort den medizinischen Hauptlehrstuhl nach Gründung der Universität zu erhalten. Als weitberühmter Arzt und zum echten Berliner geworden, als anerkannter Gelehrter und vielgelesener populär-medizinischer Schriftsteller, ist er erst f836 daselbst gestorben.

Nicht aber die Ideen-von Akassows oder Bevmes haben schließlich die Gründung einer großen, höchsten Bildungsanstalt in der Hauptstadt des Preußischen Staates zuwege gebracht, sondern die gewaltigen Erschütterungen desselben durch die kriegerischen Ereig­nisse: Der Verlust der preußischen Universitäten bis auf Königsberg und Frankfurt ließ die Gründung einer dritten Universität im nationalen Mittelpunkte alseine erste Not­wendigkeit" erscheinen, wie Beyme sagte, der im September 1807 den Auftrag erhielt, eineallgemeine Lehranstalt" in Berlin zu errichten. Denn Königsberg hatte trotz Kants Universalbedeutung immer nur provinziales Gewicht gehabt, und Frankfurt war in der Nähe Berlins schon seit längerer Zeit zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Die Frequenz der alten Viadrina betrug aber im Jahre s805 immer noch 307 Studierende, worunter 76 Kurmärker und 56 Neumärker sich befanden.

Die bedeutendsten deutschen Männer wurden um ihre Ideen über die Zukunft der neu geplanten Hochschule angegangen, und man lernte die allseitig kritische Stimmung über die bisherigen Zustände der preußischen Universitäten und ihre mittelalterlichen Zöpfe kennen. Am radikalsten, aber auch am phantastichsten war Fichtes plan einer großen Zentraluniversität. Wertvoll war aber darin die von kraftvollen Morten getragene Zuversicht auf eine bessere Zukunft des Staates. Als das Bedeutendste, was über die Angelegenheit gesagt worden ist, bezeichnet Lenz, der Geschichtschreiber der Berliner Uni­versität, eine Schrift von Schleiermacher, der erst später zur Mitwirkung beim Aufbau des Neuen herangezogen wurde, mit dem bescheidenen TitelGelegentliche Ge­danken über Universitäten im deutschen Sinne, nebst einem Anhang über eine neu zu errichtende."

Dieser wahrhaft große Mann, obwohl kein Kind der Mark selbst, darf in einer Skizze von deren geistiger Entwicklung unmöglich fehlen. Nicht nur auf seinen engeren Arbeitsgebieten, Theologie und Philologie von Einfluß, bezeichnet Schleiermacher einen Wendepunkt in der Geschichte der deutschen Bildung, der vor allem an Berlin ge­knüpft ist. In Breslau geboren H768) und in den strengen Anschauungen der Brüder­gemeinde erzogen, befreite er sich während seines Studiums in Halle von dem theologisch gefesselten Geiste ebensosehr wie von der absterbenden Aufklärung. Im Jahrs s793 kam er nach Berlin an das Seminar für gelehrte Schulen unter Gedike und war seit f7h6 daselbst im geistlichen Amte, wo er in den Zirkeln der Henriette Herz bald eine Rolle spielte, die ihn aber bei seiner Behörde mißliebig machte. Seit s 80 H Professor in Halle, wurde er durch die Suspendierung der Universität brotlos und flüchtete wieder nach Berlin. Dorthin verpflanzte er seine in inneren Kämpfen gewonnene Auffassung von wahrer Religiosität und Sittlichkeit, die zunächst gegenüber Aufklärung und Pietismus siegreich blieb, siegreich auch auf den Schlachtfeldern der Freiheitskriege. Seine Predigten, seineReden über Religion an die Gebildeten unter ihren Verächtern", wie seine be­rühmtenMonologe" (1800), allesMeisterwerke apologetischen Inhalts", deuten das