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Lolche Bildung gilt für alle Berufe. Man sieht: das unmittelbare Gegenbild zu den erzieherischen Idealen der vorhergehenden Zeiten.
Diese Anschauungen erstreckten sich ebenso auf die höchsten Bildungsorgane. Nichts wollte Humboldt wissen von einer Ausbildung der Studierenden bloß zu Beamten des Staates oder sonstigen höheren Berufen. Das einzige Ziel der höchsten Bildungsanstalten ist ihm die „Erweiterung der Wissenschaft". Er sagte: „Vor der Wissenschaft sind Lehrende und Lernende gleich, alle sind Lehrlinge, denn niemand besitzt sie in ihrer vollen Illar heit. Alle sind Suchende, Mitstrebende, Mitkämpfer . . . Nur die Wissenschaft, die aus dem Innern stammt und ins Innere gepflanzt werden kann, bildet auch den Charakter, und dem Staat ist ebensowenig als der Menschheit um Wissen und Reden, sondern um Charakter und Handeln zu tun."^) Das sind Grundsätze, welche im großen und ganzen die deutschen Hochschulen zu dem gemacht haben, was sie für das Vaterland geworden sind, wie sie sich im Ich. und 20. Jahrhundert dauernd bewährt haben. Diese Grundsätze sind stillchweigend maßgebend geblieben, trotz mancher Gegenströmungen geblieben bis zur unmittelbaren Gegenwart, und sie haben der Wissenschaft ebenso gedient wie der nationalen Gesamtentwicklung des deutschen Volkes. Während Göttingen und Halle vorher auf diesem Entwicklungswege schon Anläufe gemacht hatten, vollendete schließlich erst Berlin das Ideal einer modernen Universität im besten Sinne. Die hohe Bildungsanstalt im Herzen der Mark hat seitdem fort und fort an der Spitze der wissenschaftlichen wie nationalen Entwicklung in Deutschland gestanden, und auch die letzten großen Ereignisse, während welcher diese Zeilen geschrieben sind, haben erst wieder gezeigt, daß sie sich in ihren idealen Aufgaben niemals überflügeln läßt.
Auf dem Wege der praktischen Erfahrung gelangte allerdings Humboldt sehr bald von seinen oben gezeichneten Idealen der staatlichen Zurückhaltung ziemlich weit ab, und schon unter ihm übernahm in vollem Sinne der Staat die Aufsicht über die neu errichtete Anstalt in sehr energischer Weise. Und wenig nahm Humboldt selbst Rücksicht auf die ideale Freiheit der Universität, die er früher als so erstrebenswert gepriesen hatte; aber „die unangreifbare Höhe der Persönlichkeit des Organisators" entschuldigt jedes despotische Eingreifen. Die Freiheit in der gesamten Organisation des Lehrkörpers, der Verwaltung, der akademischen Bürger war dennoch von ihm selbst fest gegründet. Als Vorsitzender des Kultusdepartements konnte Humboldt die für die neue Hochschule unerträgliche Konkurrenz des älteren „OolloAlum medioo-ebirurAienin" beseitigen. Es hatte in der Idee des Berufs- und Fachschulsystems gelegen, daß auch das Militär für seine Arzte besondere Bildungsanstalten beansprucht hatte. Jetzt wurde dem ein Ende gemacht, und die Ausbildung der Arzte wurde der Universität anvertraut, so daß diese unter Übernahme der Zöglinge der alten Anstalt und ihrer Hilfslehrinstitute mit einer verhältnismäßig stattlichen medizinischen Fakultät ins Leben treten konnte.
Während noch die schwierigen Verhandlungen mit den zu berufenden Lehrern geführt wurden, drang Humboldt auf die tatsächliche Eröffnung der Universität; er erreichte vom König die Ausstellung einer Stiftungsurkunde vom s6. August t 80st und bildete eine spezielle Universitätskommission, in die er Süvern, Uhden und Schleiermacher berief, und in die Nicolovius noch eintrat, als Humboldt infolge von Mißhelligkeiten
-) M. Lenz a. a. D.