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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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innerhalb der Regierung vom Amte zurücktrat, sobald Hardenberg Staatskanzler ge­worden. Durch diese Kommission ist in kurzer Zeit nach Berlin eine Schar Dozenten versammelt worden,die einen machtvollen Lindruck von der Gesamtheit deutscher Wissenschaft im damaligen Zeitpunkte gewährte".

Zugleich aber begann mit dem Eintritt Friedrich von Schuckmanns in die Unterrichtsverwaltung ein abermaliger Umschwung der Zeiten für alles was Wissenschaft und Bildung hieß. Im Gegensatz zu Humboldt war er nicht Märker, hatte aber seine Bildung auf der Brandenburger Ritterakademie empfangen und war mit Leben und Amt ganz in dem preußischen Staat aufgegangen. Er stand auf dem entgegengesetzten Stand­punkt wie Humboldt: er hatte einen Widerwillen gegen alleTendenzen, welche ihm aus Schwächung der staatlichen Autorität hinauszulaufen schienen". Zur Zusammenfügung des Volkes in die Staatseinheit schien ihm nichts geeigneter als die Religion, deralte ehrliche Köhlerglaube". Und so kam er dazu, allen freieren Regungen zu mißtrauen. Mit Recht nannte ihn Stein einenErzphilister", und Humboldt bekreuzte sich vor ihm. Rasch genug entpuppte sich seine Denkweise. Nach seinem Amtsantritt schob er die Universitätskommisfion beiseite und nahm der Hochschule mehr und mehr die ihr ge­währleisteten Freiheiten.

Mit dem Namen Schuckmann ist der Beginn der schweren Reaktionsperiode nach dem herrlichen Aufschwung der Freiheitskriege aufs engste verknüpft, und seine Be­mühungen zur Erstarkung der staatlichen Polizeimacht wurde gestützt durch die Gemüts­verfassung des Königs nach dessen Rückkehr von Königsberg nach Berlin. Von Anfang an hat dem Könige das Treiben der Studentenschaft in der Hauptstadt mißfallen, und die Hochschule begegnete lange Zeiteiner Verständnislosigkeit und Gleichgültigkeit in den höheren und höchsten Regionen des Staates."^

Dennoch wurden dem Berliner Studentenleben jener Zeit, im Gegensatz zu den Äußerungen über das unmoralische Leben des damaligen Berlin in anderen Kreisen, durch­aus nur gute Sittenzeugnisse ausgestellt, wenn auch einige, die Öffentlichkeit erregende Hauereien zwischen den Medizinern der Universität und den Zöglingen des älteren medi­zinisch-chirurgischen Kollegs anfangs stattgefunden haben, die den streng urteilenden Fichte, der gerade das Rektorat innehatte, schließlich in Konflikt mit der Studentenschaft, dem Professorenkollegium und der Regierung gebracht haben. Das studentische Verbindungs­leben kam erst in den nächsten Jahrzehnten auf.

Nicht mit großen Hörerzahlen konnten in den ersten Semestern die Berliner Pro­fessoren, die bedeutendsten Gelehrten aus ganz Deutschland, aufwarten: Die neue Alma mater schien bei den trüben Zeiten wohl noch nicht ausreichend gesichert. Das erste Semester zeigte nur 256 Immatrikulierte, zu denen die medizinische Fakultät, in welche ja das 6oIl6Kiuiii mectieo.-cllirui'Aieum vollzählig mit eintrat, allein Studierende stellte; das zweite Semester brachte es aber schon auf 450 Immatrikulierte.

Den modernen Geist, der die neue Schöpfung erfüllte und sie eigentlich gebar, er­kannte man gleich anfänglich an der neuen Regelung des Promotionswesens, das seiner mittelalterlichen, zünftigen Art entkleidet wurde, und an dem Kampf gegen den in Frank­furt nie ganz ausgerottetenPennalismus".

H Vgl. M. Lenz a. a. D. I, 5. sqo.

Brandenburgische Landeskunde. Bd. IV.

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