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gestaltung der neuen Universität zu Berlin, so wurden sie fast zu gleicher Zeit auch auf die höheren Schulen übertragen. Das moderne höhere Schulwesen wuchs ebenfalls unter Humboldts Lebensanregungen innerhalb der allgemeinen Reformzeit des Staates heran: und so legte doch eigentlich gerade das märkische Land die Reime zu den Entwicklungen des Bildungswesens des gesamten preußischen Landes.
Ls war nicht ein einzelner reformatorischer Gedanke, der Humboldt und seine Mitarbeiter und Nachfolger ergriff, es war der fortschreitende Gesamtzeitgeist, der in seinen einzelnen (Offenbarungen gerade hier im preußischen Zentrum voll sich entfaltet hatte. Es war ein ganzer Komplex von bewegenden Zdeen, die im Bildungswesen ihre bedeutsamsten Ziele fanden und nun hier die geeigneten Männer aufriefen; es hatten alle Besserungsarbeiten an den verschiedenen Stufen von Bildungsveranstaltungen nur eine einzige gemeinsame Grundlage, wenn die Reformen auch nicht gleichzeitig zur Ausführung gelangten. Durch die Französische Revolution war die Sehnsucht nach und der Glaube an eine Erneuerung des menschlichen Geschlechtes neu geweckt, und die politische Niederlage Preußens hatte dieser Sehnsucht den mächtigen Anstoß der Notwendigkeit gegeben.
Nach erfolgter Gründung der Universität in Berlin und nach dem Wiedergewinn der staatlichen Freiheit wendete man der Neugestaltung des Schulwesens die Aufmerksamkeit zu. Hier zeigte es sich aber deutlicher noch als bei der Universität, wie freiheitliche, fortschreitende Tendenzen mit reaktionären sich mischten und einander bekämpften. Die Furcht der Regierenden vor demagogischen Auswüchsen der soeben bewiesenen Volks- kraft lähmte zum Teil die edelsten Grundsätze. Aber die resormatorischen Richtungen der Zeit erkennt man doch an den jAänen zur Begründung des modernen Schulwesens. Die Anfänge bezüglich der höheren Schulen wurden schon im Gründungsjahre der Universität gemacht, wobei aber von vornherein an das gesamte Schulensystem gedacht war. Es wurde die Neugestaltung^) mit einer seltenen, durchgreifenden Energie angefaßt, und dem Bestehenden wurde so wenig Rücksicht entgegengebracht, so daß man hat sagen können: „Die neue Gelehrtenschule, die geschaffen wurde, das humanistische Gymnasium, hatte mit der alten gerade so viel gemein, wie die Therme mit der Alchemie, die Astronomie mit der Astrologie oder Zeppelin mit Dädalos." Man teilte alle Schulanstalten in drei Kategorien: allgemeine Elementarschulen, allgemeine Stadtschulen und Gelehrtenschulen oder Gymnasien. Es handelte sich zunächst um die Festlegung der künftigen Gymnasialform, die sich von den anderen Schulgattungen dadurch unterscheiden sollte, daß hier alle Gegenstände systematischer und wissenschaftlicher behandelt werden und die alten Sprachen das Übergewicht behalten sollten. Die Form der Realschule wurde noch nicht einer besonderen Betrachtung gewürdigt. Ja, man scheute sich vielleicht vor einer Überschätzung derselben; denn wie die Universität ein allgemeines wissenschaftliches Lehr- und Lerninstitut werden sollte, so wurde auch hier betont: „Alles muß entfernt werden, was wie Vorbereitung auf einen bestimmten Stand aussieht und den Schulen den Tharakter von Spezialschulen verleiht."
st vgl. p. Schwartz, Die Gründung der Universität Berlin und der Anfang der Reform der höheren Schulen im Jahre xsxo. (Mitteilungen der Gesellschaft für deutsche Lrziehungs- und Schulgesch. 20. Jg )