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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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weiteren Sinne bestimmt waren. Als höhere Schulen niederen Ranges waren die alten Lateinschulen" übriggeblieben, die man ja schon früher zum Teil inBürgerschulen" zu verwandeln gesucht hatte. Für diese verlangte die veränderte Zeit jetzt eine neue Form. Aber die Idee einer notwendigenAllgemeinbildung" war ja in dieser Zeit so mächtig geworden, und das Latein besonders genoß noch so außerordentliches Ansehen unter den Unterrichtsgegenständen, daß die neuen realistischen Anstalten des 1 H. Jahrhunderts sich von vornherein nicht außerhalb des Kreises der bisherigen Schulen, sondern sich neben das Gymnasium stellen mußten. Sie waren aber vorderhand völlig ungefährliche Nebenbuhler. Außerdem hatte die ausschließlich gewerbliche Bildung seit s8s7 eine eigene Vertretung im Schulwesen durch eigentliche Gewerbeschulen (auf Grund der 1808 eingesührten Städteordnung) erhalten, die freilich zunächst noch keine staatliche Unterstützung erfuhren.

Jene allgemeine realistische Schwesternanstalt der Gymnasien entstand also zuerst an derselben Stelle, wo vor fast drei Menschenaltern unter Job. Jul. Hecker die Berliner Realschule emporgewachsen war. Es hatten sich aus der Heckerschen Gründung ein Gymnasium, eine Realschule und eine Mädchenschule entwickelt. Der Direktor des Friedrich-Milhelm-Gymnasiums, das mit derKöniglichen Realschule" verbunden war, war in den Jahren s82ss8-4h Gottlieb August Spilleke, ein geborener Halberstädter. Mit Absicht rückte auch dieser energisch ab von jeder eigentlichen Beruss- vorbereitung. Die Realschulen sollten eine allgemeine vorbereitende Bildungfür das höhere praktische Leben" gewähren. Auf diesem Standpunkte mußte der Realschule sehr bald auch das Latein wieder aufgebürdet werden, und so entstand die Unklarheit in der Be­stimmung und Berechtigung der Realanstalten, welche erst die neueste Zeit einigermaßen gehoben hat. Spilleke hat dennoch mit der Neugestaltung der Berliner Realschule dem realistischen Schulwesen einen mächtigen Anstoß gegeben, und dessen Entwicklung war von da an nicht mehr aufzuhalten; ganz Preußen ist dieser Entwicklung allmählich gefolgt.

Mehr als die höheren Lehranstalten hatten unter den Fesseln des Systems Metternich die Volksschulen zu leiden. Zwar war auch die märkisch-preußische Volksschule eine Zeit­lang getragen und gehoben worden durch die Überzeugung von der Stärkung der gesamten Volkskrast durch Bildung und Selbstbestimmung. Humboldt, Stein und Süvern hatten in ihren darauf gerichteten Bestrebungen die Volksschule mit eingeschlossen, ja auf deren Gedeihen besondere Hoffnungen gestellt. Aber bald nach dem Wiener Kongreß ging von der Region des höchsten Staatsoberhaupts ein Rückschlag aus, der alle Hoffnungen freiheitlich gesinnter Geister zerstörte. Im Altensteinschen Ministerium konnten bald nicht mehr die Süvernschen Pläne weiter gedeihen; die Begeisterung für die Bildung des Volkes war verflogen. Dennoch wurde unter des aus Hannover gebürtigen, später zum Katho­lizismus übertretenden Ministerialrats vonBeckedorffs Leitung tüchtig am Ausbau der Volksschule gearbeitet. Vor allem wurde für Aus- und Fortbildung der Lehrer viel getan: Die Seminare wurden häufig inspiziert, man setzte hierzu Schulräte ein, man veranstaltete Fortbildungskurse für Lehrer, die bereits im Amte standen, und man stellte nicht geringe Forderungen an Missen und Leben jedes einzelnen Lehrers. Dieses starke andauernde Interesse der Regierung an der Persönlichkeit der Lehrer schlug jedoch die