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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Brücke zur allmählichen reaktionären Fesselung des Volksschullehrerstandes. Man begann, sich gegen die aufstrebenden Tendenzen in dem jungen Stande zu wenden; die stürmischen Bildungsbestrebungen in ihm schienen gefährlich, und man warnte ebenso in harmloser, methodischer Begründung vorseichter Vielwisserei", wie man mit scheinbarem Rechte zu Frömmigkeit, Gottesfurcht und christlicher Demut mahnte.

Die seit dem Ministerium von Altenstein in den Regierungskreisen hervortretenden Befürchtungen vor vermeintlich unberechtigter Ausdehnung der Lehrer- und all­gemeinen Volksbildung und vor zu großer Freiheit in volkstümlichen Bildungs­bestrebungen standen in Gegensatz zu den in der pestalozzischen Volksschule verkörperten Gedanken, die doch bereits auch in Brandenburg Wurzel gefaßt hatten. Es war ja gerade ein großes Verdienst des preußischen Staates, daß er die aus der Schweiz kommenden Anregungen in der Zeit der größten politischen Schwäche für sich nutzbar machte und das Wesen der Pestaloz,zischen Erziehung, deren charakterstärkende Art man empfunden hatte, in das eigene Gebiet zu verpflanzen suchte. Und so beherrschten bald und auf lange Zeit die Schüler und Bewunderer Pestalozzis das Schulwesen der Mark wie ganz Preußens. Weitblickende Staatsmänner und Gelehrte hatten die innere Lebenskraft erkannt, die von dem tieferen, auf den neuen Grundsätzen ruhenden Schulbetriebe aus­ging. Stein und Fichte hatten die sogenannte pestalozzische Methode in vertrauensvoller Überzeugung empfohlen, und es wurden darauf junge Lehrer in das Pestalozzi-Institut nach Ifferten gesandt, um dort die verbesserte Erziehungs- und Lehrart zu studieren. Ein ganz auf den Gedanken des Schweizer Menschenfreundes aufgebautes Privatinstitut ist damals in Berlin entstanden. Im Jahre 1805 gründete Ernst plamann seine Er­ziehungsanstalt, die lange Jahre geblüht hat, bis sie s827 eingegangen ist. Es ist be­kannt, daß ein Gtto von Bismarck ihr berühmtester Schüler war. Dieses Institut war der Mittelpunkt der begeisterten Jünger Pestalozzis; an ihm haben bekannte Pädagogen der neuen Richtung gewirkt, wie Aawerau, Dreist, Harnisch, Friesen, Jahn, von Alöden. Aus echten pestalozzianern wurden auch im Jahre s826 die Schulräte der neu angeordneten Provinzialschulkollegien gewählt, einer Einrichtung, die eine Anerkennung der Bedeutung dieses Zweiges der Staatsverwaltung und der Pädagogik als eines eigenen wissenschaftlichen Faches in sich schloß. Unter diesen ersten preußischen Schul­räten ragt Aarl Friedrich von Alöden hervor, der, ein geborener Berliner f>786) und einer alten, echt märkischen Adelsfamilie entsprossen, sich aus dürftigen Verhältnissen zu einem hochgeachteten Gelehrten und Schulmann emporarbeitete. Als Geograph und Geschichtschreiber, vor allem der märkischen Vergangenheit, ist er über seine Lebens­dauer hinaus in hohem Ansehen geblieben; nach längerer pädagogischer Tätigkeit am plamannschen Institut hat er an der Spitze des Lehrerseminars zu Potsdam und darauf der s82H gegründeten neuen Gewerbeschule zu Berlin gestanden (gest. 1856).

Bald aber begann man nun jener erst so begehrten Richtung im Volksschulwesen zu mißtrauen; es ist bekannt,' wie dann besonders nach dem Regierungsantritt des Aönigs Friedrich Wilhelm IV. und seit dem Ministerium von Eichhorn die Reaktion ihren vollen Einzug in die Verwaltung des preußischen Schulwesens hielt, und es braucht nur in allgemeinsten Umrissen an den Fortgang der Entwicklung erinnert zu werden, an der die Mark Brandenburg als Mittelpunkt des Staates Anteil hatte. Die Revolution