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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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brachte die Verfassungsurkunde von s850, welche im Anschluß an das Allgemeine Land­recht von auch die Regelung des Volksschulwesens als einer staatlichen Organisation gesetzlich festsetzte und ein allgemeines Gesetz über das Unterrichtswesen in Aussicht nahm. Die darauf aber erneut einsetzende Reaktion schuf im Jahre 1,854 unter dem Minister von Raumer die berüchtigten drei Regulative des Geheimen Oberregierungsrates Fer­dinand Stiehl, eines Süddeutschen (vgl. weiter unten). In dieser ganzen Zeit ängstlicher Regierungsgrundsätze ging von dem wesentlich dadurch bedrückten Volksschullehrerstande eine stille, passive, aber zähe Opposition gegen jede Beschränkung des freien Bildungs­fortschrittes aus. In der Provinz Brandenburg fand dieselbe ihren stützenden Mittel­punkt in der Hauptstadt Berlin, ohne daß die äußere Welt viel davon verspürt hätte. Zwei Männer sind in erster Linie zu nennen, die jeder in seiner Weise auf den Volksschullehrerstand wirkten und in ihm die pestalozzischen Grundsätze zu erhalten suchten. Wilhelm Harnisch war ein geborener Brandenburger; aus Wilsnack in der Prignitz stammend, besuchte er das Gymnasium zu Salzwedel, studierte in Halle und in Frankfurt a. d. D. Theologie und war seit 180h Lehrer an jenem oben erwähnten plamannschen Institut. Harnisch ist später fort und fort einer der einflußreichsten Ver­breiter und Fortentwickler des Pestalozzianismus geblieben, wobei er immer die Not­wendigkeit von Lehrerbildungsanstalten betonte. Man berief ihn auch bald an das Seminar zu Breslau und darauf an das zu Weißenfels, das durch ihn einen Weltruf er­langte. persönlich auf streng christlichem Standpunkte stehend, teilte er durchaus die Forderung der Regierung, daß der Lehrer von Religiosität durchdrungen sein solle. Aber seine Religiosität war innerlicher Art, sie haßte alle äußeren Anzeichen und verachtete das blendende, aber gerade von oben mehr und mehr geforderte Memorierwerk, das der Religion wie der Methode gleichermaßen widersprach. Harnisch ist erst s864 im kirch­lichen Amte gestorben.

Weiter reicht der Einfluß Adolf Diesterwegs auf die Volksschule und ihren Lehrerstand. Er war kein Märker von Geburt, aber sein Einfluß ging doch von der Hauptstadt aus, wo er heimisch geworden war. Im Jahre s7st0 zu Siegen in Westfalen geboren, neigte er anfangs mehr den mathematischen Fächern zu, bis er s 8 ss in Elber­feld die Bekanntschaft des Institutsvorstehers Wilberg, eines Schülers und Nachahmers von Rochows, machte, der ihn durch sein Beispiel für den Lehrerberuf begeisterte. Durch Bekanntschaft mit den Pestalozzischen Forderungen vertieften sich seine erzieherischen Ideale. Seine Schriften machten ihn bekannt, und vor allem gewann er durch seine ZeitschriftRheinische Blätter" Einfluß auf weite Kreise der Lehrerschaft. Auch er legte das Schwergewicht seines Strebens auf die Bildung der jungen Lehrer und Seminaristen, denen er schon als Seminardirektor in Mors besonders nahegestanden hatte, und war Zeit seines Lebens für die Hebung des Volksschullehrerstandes nach Bildung und äußerer Lage unermüdlich tätig. SeinWegweiser zur Bildung für Lehrer" sieht noch jetzt in verdientem Ansehen. Dabei hat er in zahlreichen Schriften mit Erfolg die pesta- lozzifche Methode weiterzubilden gesucht, so daß er vielfach derdeutsche Pestalozzi" ge­nannt worden ist. Noch der König Friedrich Wilhelm III. machte ihn zum ersten Direktor des von ihm s830 gegründetenSeminars für Stadtschullehrer" in Berlin, das zu einer Musteranstalt gemacht wurde. Besonders wurde die damit verbundene