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von der Einheit der gesamten Natur, von Leib und Seele, Gott und Welt, Stoff und Geist. Er ist 1834 zu Potsdam geboren, studierte zu Berlin und Wüczburg, hat aber später seinen dauernden Lehr- und Wohnsitz in Jena genommen, dessen Zierde er bis ins hohe Alter blieb. Die untersten Lebewesen waren sein Spezialgebiet, die niedersten Seetiere, die er mit dem Namen der Protisten bezeichnet, und von denen er seine Ansichten der Einheit alles Lebens und Seins herleitete. Seine und Darwins Lehren verfocht und verbreitete erfolgreich der privatgelehrte Ernst Krause, der sich als Schriftsteller Lar u s Sterne nannte, aus Zielenzig, vor allem durch seine, in den Jahren 1877—82 angesehene Zeitschrift „Kosmos". Das anatomische Institut der Berliner Universität brachte zu besonderer Blüte Heinrich Wilhelm Gottfried Waldeyer, ein Braunschweiger, der s883 hierher gerufen wurde. Noch bekannter wurde Lmil Du Bois- Revmonü, der vom Studium der Theologie zur Anatomie und Physiologie gelangte. Aus einer französischen Emigrantenfamilie stammend, war er in Berlin beheimatet und besuchte hier das Französische Gymnasium; 1858 wurde er der Nachfolger Johannes Müllers. Lr vertrat die physikalische Richtung unter den Physiologen; da indes die wissenschaftlichen Erklärungen der physiologischen Erscheinungen im Grunde doch nicht die Rätsel der Lebensvorgänge verständlich machen, sie nicht lösen konnten, hat er einmal das berühmte Wort von der Grenze aller Naturwissenschaft mit den: Wort „IZnoru- birnus" ausgesprochen. In Berlin lehrte auch noch der Arzt, physiolog und Philosoph Rudolph Hermann Lotze, ein Bautzener Rind, der vorher in Leipzig und Göttingen war. Er wird uns später nochmals begegnen. —
Die Medizin in allen ihren Zweigen ist an der Berliner Universität mit den glänzendsten Namen der Wissenschaft vertreten gewesen. Wir erinnern an Männer wie den Thüringer Hufeland und den Friesen Reil aus der Zeit der Universitätsgründung. Der letztere war im gewaltigen Völkerbefreiungskampfe in seiner Berufstätigkeit mitten unter 20 000 Verwundeten nach der Leipziger Schlacht ein Gpfer seiner Hingebung geworden. Er konnte nicht voll ersetzt werden, aber Berlin erhielt in Adam Elias vonSieb old, aus der berühmten Würzburger Medizinerfamilie, 1816 einen hervorragenden Vertreter der Gynäkologie, der die Berliner Entbindungsanstalt bei der Universität gründete, an der auch noch sein Sohn mit tätig gewesen ist. — Im Gegensatz zur sonstigen nüchternen Auffassungsweise der Berliner stand es, daß der in der Schweiz aufgekommene „Mesmerismus", die Lehre von einer magnetischen, im übrigen unerklärlichen Heilweise, hier so zahlreiche Anhänger, selbst in gelehrten Kreisen, finden konnte. Diese eigentümliche Hinneigung zu einer wissenschaftlich noch nicht begründeten Heilweise, die eine Reaktion gegen die Verstandesherrschaft der Aufklärung, eine Hinneigung zur Romantik und ein Bedürfnis eines gewissen Wunderglaubens darstellt, knüpft sich für Berlin an den Namen des jüdischen talentierten Arztes David Ferdinand Ko re ff, des Leibarztes des Kanzlers Hardenberg. Indem wir viele bedeutende Arzte und über das praktische hinaus wirkende Gelehrte übergehen müssen, nennen wir nur einige Größen allerersten Ranges. Robert Koch war 1843 in Llausthal geboren und war praktischer Arzt in der Provinz Posen. Seine wichtigen bakteriologischen Forschungen über Wundinfektion veranlaßten seine Berufung an das Reichsgesundheitsamt in Berlin, wo ihm noch die Feststellung der Tuberkelbazillen sowie des
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