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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Weiter ausgebaut wurde diese Leite der allgemeinen Sprachwissenschaft durch. Woritz Lazarus. Er stammte aus einer Rabbinerfamilie der Provinz Posen, ging als privatgelehrter nach Berlin st850), wurde dort Lehrer an der Kriegsakademie und 1873 Professor an der Universität. Durch eine Verbindung von psychologischen, sprachgeschicht- lichen und geschichtsphilosophischen Studien gelangte er zu einer Wissenschaft der Völker­psychologie, einem Gegenstück zur Psychologie der Einzelseele.Verwandt damit waren die Bestrebungen von heymann Steinthal aus Anhalt, der sich 1850 in Berlin habilitierte und dort 1863 Professor wurde. Im Anschluß an Wilhelm von Humboldt legte er sich aus die philosophische Behandlung der Sprache und dehnte seine Untersuchungen auch auf die Mythologie aus. Lazarus und Steintha! gaben gemeinschaftlich die Zeit­schrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft heraus.

Die Gründung der Universität Berlin, obwohl anscheinend in erster Linie auf eine Umwälzung des Denkens und Empfindens gerichtet, stand durchaus auf historischem Boden, wie jedes vaterländische Beginnen. Die philologische Wissenschaft, deren Haupt­vertreter soeben erwähnt wurden, zeigte die Farbe des Neuhumanismus, der die Kenntnis des Altertums in völlig geschichtlichem Sinne verlangte und aus der Geschichte der Alten auch vaterländischen Geist vermittelte; das ganze bewußte Streben zur Wiedergeburt süßte auf Erinnerungen an glorreichere Zeiten des eigenen Staates unter dem Großen Kur­fürsten und Friedrich dem Großen wie altdeutscher Ursprünglichkeit im allgemeinen. Die eigentliche Geschichtsforschung spiegelte diesen Zug im Wesen der jungen Universität glänzend wieder und gelangte hier zu einer bewunderungswürdigen Entwicklung bis zur stolzesten höhe. In Menge begegnen uns gerade hier die glänzendsten Namen, zu denen die Mark selbst einen stattlichen Anteil stellte. Aber unser Raum verbietet jede eingehendere Darstellung und verlangt überall die äußerste Beschränkung.

Sobald die Mark Brandenburg bei Beginn der neuen Zeit in den Kreis der großen historischen Ereignisse eintrat, machte sich lebhafter das Bedürfnis geltend, diese in einem Bilde vom brandenburgischen Gesichtspunkte aus festzuhalten: heimatliche Historiographen zur Verfügung zu haben. So haben wir gesehen, wie der Große Kurfürst es verstand, sich den ersten Geschichtschreiber der Zeit, Sam. von pufendorf, dienstbar zu machen. In der Folge waren § eibniz, Jakob Paul vonGundling, der wissenschaftliche Narr Friedrich Wilhelms I., der Historiker und Leiter der branden­burgischen französischen Kolonie, der Berliner Jean Pierre Erman h?351814), bis zu Johannes vonMül!er,G. h. pertz und L. v o n R a n ke u. a. amtliche Geschicht­schreiber des Brandenburgischen Staates, die nicht ohne Bedeutung waren. Der König­liche Geschichtschreiber, FriedrichderGroße, aber muß in diesem Zusammenhangs genannt werden als der Erzähler vornehmlich seiner eigenen Taten. Seine Memoiren und die Geschichte seiner Zeit sind von dauerndem Werte sowohl als Quellen wie als Darstellungen. Die Ausgabe der Gesamtwerke des Königlichen Gelehrten hat die Aka­demie der Wissenschaften auf Befehl Friedrich Wilhelms IV. in den Jahren 184:657 veranstaltet, aber seine politische Korrespondenz ist erst noch später gesammelt und ver­öffentlicht worden. Der Berliner Ioh. Karl Wilh. Möhser gab schöne Anfänge zur Wissenschafts- und Schulengeschichte der Heimat.

Unter der Ägide des früheren großen Reformministers Freiherrn vom Stein