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Brunnerals ein Berliner Hauptvertreter der germanistischen Seite des Rechtes bekannt (gestorben 1915).
Einer der Rechtsgelehrten von umfassendster Vielseitigkeit und Größe stammt aus der märkischen Hauptstadt selbst: Rudolf G n eist. Im Jahre 1816 geboren, begann er seine akademische Laufbahn mit 25 Jahren und wurde 1844 Professor des römischen Rechtes in seiner Vaterstadt. Die Zeiten der preußischen Reaktion ließen England als parlamentarisches Musterland der Freiheit erscheinen, und die liberalen Anschauungen erlangten eine wissenschaftliche Stütze, als Gneist sein „Heutiges englisches Verfassungsund Verwaltungsrecht" hatte erscheinen lassen (1857—60). Aber auch persönlich wurde Gneist einer der angesehensten Vertreter des Liberalismus im preußischen wie im Bundes-Parlament, und er hat die bald darauf beginnende Verwaltungsreform in Preußen (zirka 1,870—80) wesentlich mit Wort und Schrift unterstützt, worauf er auch zum Vorsitzenden des obersten Verwaltungsgerichtshofes gewählt wurde. Auch auf den Gebieten der Kirchenpolitik, des Schulwesens, der Gerichtsverfassung, der Finanzverwaltung war seine Stimme eine der gewichtigsten im Reiche, bis er im Jahre s8st5 starb.
Als Repräsentant der Gesamt-Rechtswissenschaft muß aber tatsächlich der Herausgeber der großen „Enzyklopädie der Rechtswissenschaft", Franz von Holtzen- dorff, ein geborener Uckermärker gelten. Seit 1857 war er an der Universität Berlin tätig gewesen, als er 1873 nach München gezogen wurde. Gefängnisreformen und Abschaffung der Todesstrafe sind wesentliche Früchte seiner Bemühungen. — Aber auch den Hauptvertreter eines wichtigen Teiles des Rechtes, des Kirchenrechtes, nennt die Mark den ihren. Paul Hinschius war 1835 in Berlin geboren und hatte dort seine Bildung empfangen, habilitierte sich 185 h und verblieb mit kurzer Unterbrechung im Berliner akademischen Amte seit 1863, wobei er zugleich unter Falk im Kultusministerium arbeitete, da er unbestrittene Autorität hinsichtlich der patronatsrechte der Kirchenvereinigungen war.
Für die Nationalökonomie wurde die preußische Hauptuniversität unter den Einflüssen geschichtlicher Entwicklungen ebenfalls ein Zentralpunkt. Hier, wo ein genialer Staatsmann die gefahrvolle Entwicklung des modernen Wirtschaftslebens durch staatliche Regelungen und Schutzmittel einzudämmen suchte, konnten die Ideen des sogenannten Staatssozialismus im Gegensatz zu den umstürzlerischen Tendenzen der aufkommenden Sozialdemokratie nicht anders als anerkannte Bedeutung erlangen. Der Vater dieser rechtlichwirtschaftlichen Lehren war Johann Karl Rodbertus, 1, 805 in Greifswald geboren. Auf ganz kurze Zeit hat er im Revolutionsjahre 1848 das Kultusministerium in Berlin inne gehabt und darauf die Hauptstadt in der Zweiten Kammer vertreten. Seine Gegnerschaft gegen Lassalle war bezeichnend für ihn, der in den sozialen Fragen wesentlich wissenschaftliche Probleme sah. — Weiter entwickelte die gesellschaftlichen neueren Theorien der viel gepriesene, aber auch viel angefeindete Adolf Wagner. Als Sohn eines berühmten Mediziners in Erlangen 1835 geboren, wurde er nach mannigfaltiger sonstiger Lehrtätigkeit an Handelslehranstalten und Universitäten im Jahre 1870 nach Berlin berufen. Leine statistischen, finanztechnischen und banktheoretischenArbeiten erregten fortgesetzt großes Aufsehen. Er neigte einem staatlich und rechtlich begründeten Sozialismus zu und redete besonders auch der Verstaatlichung des Versicherungswesens energisch das Wort. — Auf einem verwandten, doch anders temperierten Standpunkt steht sein Kollege Schmoller,