Wissenschaftszentren wider. Unter der Herrschaft der Aufklärung nahm die Theologie den Charakter des Deismus, unter der Einwirkung von Kant den des Rationalismus an. Der wesentliche Erfolg dieser Bewegungen aber war, daß mehr und mehr die verschiedensten religiösen Richtungen zu Wort gelangen konnten, wenn auch die reaktionären Regierungstendenzen noch nicht ohne Maßregelungen der liberalen Theologen auszukommen vermeinten. Die kritische Arbeit an dem theologischen Gebäude hatte in Berlin eine große Leuchte an Schleiermacher, der jedoch dabei niemals den Rahmen des Kirchenglaubens zu sprengen versuchte. Wie die Kritik aber unter Umständen wirken konnte, ersah man später durch die Folgen derjenigen seines berühmten Schülers David Fr. Strauß (Leben Jesu 1835 ), der, wie viele berühmte Theologen, Württemberg seine Heimat nannte, aber nach Berlin kam, um Schleiermacher und Hegel zu hören. Nicht so kampflustig war sein Landsmann Karl Reinhold Köstlin aus Urach, der nach seinem Studium in Berlin verblieb und hier Privatdozent und Professor wurde. Er hat sich als Theolog, aber auch als Ästhetiker betätigt. Zu Schleiermachers Schülern gehörte auch Christian Twesten. Er stammte aus Glückstadt, wurde 1812 Gymnasiallehrer in Berlin und im Jahre 1835 , nachdem er einen akademischen Sitz in Kiel gehabt hatte, Schleiermachers Nachfolger in Berlin, wo er >876 verstarb. — Zn August Dorner begegnet uns wieder ein Schwabe in Berlin (seit 1862), der hier seine Laufbahn als Professor und Mitglied des Oberkirchenrates beschloß. Neben seinen christologischen Forschungen haben ihm auch kirchengeschichtliche Arbeiten einen Namen gemacht. — Der kritischen Richtung der Theologie gehörte ferner Otto Pfleiderer an. Ebenfalls Württemberger von Geburt, wurde er 1875 von Jena aus nach Berlin berufen. Auch er befaßte sich am liebsten mit Kirchen- und Religionsgeschichte. —
Die wissenschaftliche Kirchengeschichte hatte schon seit langem eine besondere Pflegestätte in Berlin gefunden. Die Atmosphäre der Toleranz und die Mischung von Konfessionen in der Mark unter vorurteilsfrei denkenden Fürsten war für sie die geeignete Lust. Des Verfassers der großen Ketzergeschichte, Gottfr. Arnold, hatten wir oben Erwähnung getan. Ein berühmter Fachgenosse wurde später ihm Wilhelm Neander. Er war zu Göttingen geboren, kam bald nach beendigtem Studium 1812 als Professor nach Berlin, wo er 1850 als Konsistorialrat starb. Sein Hauptwerk ist die „Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche". Er gehörte zu den Vermittlungstheologen und schrieb zur Verteidigung des kirchlichen Standpunktes gegen D. Fr. Strauß auch ein „Leben Zesu". — Einige Söhne der Mark selbst glänzen mit unter den besten theologischen Gelehrten. Da ist vor allem Albrecht Ritschl, der 1822 zu Berlin geboren war, aber auf süddeutschen Universitäten studierte und akademische Lehrstühle in Rom und Göttingen erhielt. Er wollte die neuere Theologie soviel als möglich wieder an Luther anknüpfen und wünschte eine vollständige Trennung von Glauben und Wissenschaft durchgesührt. Abgesehen von seinen theologischen Fachschriften ist seine „Geschichte des Pietismus" von großem allgemeinen Werte.
Der Mythologieforscher Wilhelm Schwartz war ein geborener Berliner und hat das höhere Schulamt am Werderschen Gymnasium, zu Neuruppin, zu Posen und sodann wieder am Luisen-Gymnasium zu Berlin im Rektorate versehen. Er behandelte sowohl die antike wie die germanische Göttersage und zeigte sich außerdem auch in Schriften als