Teil eines Werkes 
Teil 1 (1920) Die Grundlagen der jüdischen Ethik
Entstehung
Seite
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Jesaja [45, 18] heißt: nicht zur Einöde hat er sie geschaffen, zum Bewohnen hat er sie gebildet. Bachja: Herzenspflichten IX, S. 409.

4: Die göttliche Lehre verpflichtet uns nicht zur Weltflucht, sondern weist uns auf den Mittelweg und heißt uns, allen Kräften des Körpers wie der Seele den ihnen gebührenden Anteil ohne Über­maß gewähren. . . . Alles in allem: unsre Lehre erfüllt sich in Liebe und Freude; durch ein jedes kannst du dich Gott nähern. Deine Zerknirschung an Fasttagen ist nicht gottgefälliger als deine Freude an Sabbaten und Festen, wenn diese Freude aus an­dächtigem, vollem Herzen kommt. . . . Und wenn deine Freude sich bis zum Singen und Tanzen steigert, so ist dies Gottesdienst und Hingebung an das Göttliche. Jehuda ha-Levi: Kusari II, 50.

5: Bei uns ist die Lebensweise eines Menschen, der Gott dient, daß er sich nicht von der Welt lossagt, als wäre sie ihm zur Last, und als verachtete er das Leben, das doch zu den Wohltaten Gottes gehört; vielmehr gedenkt er der Wohltat, die ihm Gott damit er­weist .... Er hebt die Welt und langes Leben, weil es ihm künftiges Leben erwirbt; denn er steigt eine Stufe höher zum künftigen Leben, je mehr er Gutes tut. Jehuda ha-Levi: Kusari III, 1.

6: Es könnte jemand sagen: Da doch Neid, Begehrlichkeit, Ehrsucht und ähnliches schlechte Eigenschaften sind, will ich mich von alledem mehr und mehr ab- und dem andern Extrem zuwenden: kein Fleisch essen und keinen Wein trinken und ehelos bleiben, nicht schön wohnen, mich nicht schön kleiden. Auch das ist eine schlechte Lebensführung, die verboten ist. Wer diesen Weg betritt, den nennt die Schrift einen Sünder. Deshalb lehren unsre Weisen, daß der Mensch sich nur die Genüsse versagen soll, die unsre Thora verbietet, nicht aber Erlaubtes sich selbst durch Gelübde und Schwüre verbieten solle. So haben unsre Weisen auch gesagt: Ist dir nicht genug, was die Thora verbietet, daß du dir noch andres versagst? Hiernach sind die, die sich immer kasteien, nicht auf dem rechten Wege. Maimonides: Mischne tora hilchot deot (Religionskodex, Ethik) III, 1.

7: Toren, welche Fromme dergleichen tun sahen, ohne die Absicht zu kennen, hielten es für gut und richteten ihre Gedanken darauf, ihnen ähnlich zu werden. Sie kasteiten nun ihren Körper auf alle Weise und wähnten, dadurch Vollkommenheit zu erwerben und Gutes zu tun, und wähnten, auf diese Weise Gott näher zu kommen, als ob