24: Davon nun, daß die Natur als die universale überhaupt oder speziell die Materie als das dem Idealen schlechthin Entgegengesetzte, als das Nichtige oder zu Vernichtende oder auch als das von Haus aus Verwerfliche zu betrachten sei, ist schlechterdings nicht die Rede. — M. Lazarus: Die Ethik d. Judentums I, 1899,
S. 245/46.
25: Grundanschauung sowohl der jüdischen Religion als auch der jüdischen Ethik ist eben: Übergewicht des Geistigen, aber ohne alle Verachtung des Körperlichen, vielmehr mit dem Bestreben, auch das Natürliche, Materielle zu läutern, vor Gefahren zu schützen und es durch seine Verbindung mit dem Geistigen zu erheben und zu weihen. — M. Lazarus: Die Ethik d. Judentums I, 1899, S. 274.
26: Auch Scherz und Spiel, Tanz und Lustbarkeit ist der jüdischen Lebensführung weder fremd noch feindlich. Im rabbinischen Geiste zumal wird die sittliche Weihe auch dem sinnlichen Lebensgenuß verliehen; nur daß die Verknüpfung desselben mit irgendeiner idealen Aufgabe stark bevorzugt wird; etwa mit der Feier religiöser oder patriotischer Feste, mit der Vermählung eines Brautpaares. — M. Lazarus: Die Ethik d. Judentums I, 1899,
S. 284.
27: In solcher Weise werden dann alle Güter des Lebens, anstatt sie aus sittlichen oder metaphysischen oder religiösen Gründen zu verachten und zu verwerfen, vielmehr nach jüdischer Denkweise in den Dienst der Sittlichkeit gestellt; Gesundheit und Rüstigkeit, Genußfähigkeit und flrbeitsfreudigkeit bilden hier die Elemente j des natürlichen Organismus, in welchem die Seele der Sittlichkeit als leitende Kraft webt und waltet. — M. Lazarus: Die Ethik d. Judentums I, 1899, S. 288.
28: Der Prophet fühlt sich immer als der Anwalt der Armen; aber nicht darum, weil die Armen um ihrer Armut willen bei Gott in Gunst stehn, sondern weil nur sie einen Verteidiger brauchen. Den Reichen wird nicht ihr Reichtum zum Vorwurf gemacht, sondern die gewissenlose Art, auf die ihn viele erworben haben, j Wir hören harte Worte gegen den Luxus und die Verschwendung, die sich bei den Wohlhabenden zeigen. Aber dieser Tadel ist ! niemals aus dem Grimm des weitabgewandten Kulturfeindes geboren, dem Reichtum und Lebensfreude Sünde bedeuten, sondern aus der Entrüstung über die Vergeudung von Werten, deren besonnene gerechte Verwendung gar viel Nöte mildern könnte.