Der Krieg der Millionen
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enttäuscht: Das Stück wird in Deutschland nirgends aufgeführt, 16 eine zweite Auflage erscheint erst 1904, nachdem das Buch lange Zeit vergriffen war. Dabei gewinnt das Drama bei Erscheinen ungeahnte Realität, denn wenige Wochen zuvor war es an der Pariser Börse zum größten Börsenkrach der Dritten Republik gekommen. Nordau weist im Vorwort zur ersten Auflage auf dieses historische Ereignis hin: Tausende von Aktionären, die Aktien der mit dem Bau des Panama-Kanals betrauten Gesellschaften gekauft hatten, waren durch den Zusammenbruch des Projekts ruiniert worden. Der Panama-Krach an der Pariser Börse machte in ganz Europa Schlagzeilen. Auch Nordaus ganz dem Realismus verpflichtetes Stück hat den Aufstieg, Ruin und Tod eines Börsenmaklers zum Thema.
Die Hauptfigur, Baron Rudolf von Altenberg, der wegen der Mittellosigkeit seiner altadligen Familie nach beendetem Jurastudium gen Nordamerika ausgewandert war, hat im Bankbureau »Tom- kins Brothers« den Beruf des Börsenmaklers erlernt und erfolgreich ausgeübt. Er kehrt nach dem Tod seines hochverschuldeten Vaters nach Deutschland zurück, erstattet die Schulden und gründet selbst mit finanzieller Hilfe seines Taufpaten, des Grafen Ebersberg, die »Europäisch-Amerikanische Bank«. Durch politische Intrigen und Börsenmanipulationen seines alteingesessenen, offensichtlich jüdischen Konkurrenten Baron Nathaniel von Liebert sowie durch Umtriebe von dessen Geschäftsfreunden aus dem Finanzadel verliert der tüchtige Altenberg innerhalb weniger Monate nach anfänglich überragenden Geschäftserfolgen sein ganzes in Spekulationen angelegtes Vermögen, obwohl er von seinem zukünftigen bürgerlichen Schwager Karl Hartig, einem Ingenieur und Erfinder, und durch Dinorah von Liebert, die Altenberg liebende, exzentrische Tochter Nathaniels, gewarnt worden war. Finanziell ruiniert und gesellschaftlich entehrt, erschießt sich Altenberg, als Gläubiger sein Haus zu stürmen drohen und Polizisten ihn festnehmen wollen. Der durch ehrliche Arbeit sein Brot und am Ende durch eine gelungene Erfindung gar ein Vermögen verdienende Schwager Hartig muß für die alte Mutter und die Schwester Altenbergs sorgen.
16 Vgl. Nordaus Vorwort zur 2. Aufl. 1904.