Liebe und Kabale
117
Siehst Du, mein theures Baby, das sind die Bilder, die ich fürs Erste sehe, wenn ich in die Zukunft blicke, und da wunderst Du Dich, wenn ich nicht lustig bin? Ich kann nur wiederholen, was ich schon einmal gesagt habe: Das Schicksal hat eine wahrhaft höllische Geschicklichkeit daran gewendet, um unsere Beziehung zu verknoten und zu verknüpfen, daß man schier verzweifeln möchte, sie jemals wieder glatt und geordnet zu sehen. (...)
Du sagst, es könne zwei Jahre und länger dauern, bis Deine Angelegenheiten in rechtlicher Ordnung sind. Bis dahin hat ja Dein Mann das Recht, Dich sein zu nennen! Er kann Dich, wenn Du mit einem andern wohnst, als Ehebrecherin verklagen und verfolgen! Ich sage nicht, daß etwas Ähnliches geschehen würde, aber der bloße Gedanke, daß dergleichen möglich sei, macht, daß ich glühende Kohlen auf meinem Gehirn brennen fühle.
Als ich zum erstenmal mit Dir allein war und Dir sagen konnte, was ich dachte und fühlte, ohne vor den Blicken feindseliger Beobachter Angst haben zu müssen, da sagte ich Dir eins, was ich seit unserer ersten Begegnung zentnerschwer empfand: Es war ein tragisches Geschick, das uns beide zusammenführte; wenn wir uns nicht beide als freie und unabhängige Geschöpfe finden konnten, so durften wir einander nie in den Weg kommen. Unsere Bahnen haben sich aber dennoch gekreuzt. Was dabei herauskommen wird? Werdas jetzt noch sagen könnte! Wenn es denn etwas Tragisches sein sollte, so würde es mich nicht wundern.
Es ist besser, wir starren nicht in die Finsterniß hinein, die man Zukunft nennt. Das Unvermuthete hat ja auch einen Antheil an den Menschengeschicken. (...)
Du sagst, Du bist nicht die, die ich brauche, wie ich nicht der sei, den Du brauchst. Ich weiß nicht, ob ich der bin[J den Du brauchst. Wenn Du jemand brauchst, der Dich liebt, der in Dir auf geht, der glücklich ist, wenn er Dich fühlt und nahe weiß, der Dich so zart anfasst, wie Deine Seele und Dein Leib angefasst sein wollen, der Dich mit jener warmen Atmosphäre innigster Zärtlichkeit umgibt, in der allein Du ruhig und leicht athmen kannst, dann glaube ich, daß ich dann doch der bin, den Du brauchst. Und was Dich betrifft - sprich mir nicht von Deinen 29 Jahren und von Deinem kranken Herzen! Das wären nie Hinder-