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Bilder aus der Naturgeschichte / herausgegeben von einem Vereine von Lehrern
Entstehung
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sten Stoff feiner Kleidung, ſowie eine Menge anderer brauchbarer Dinge. Die Mutterſchafe geben eine wohlſchmeckende, fette Milch, die wir entweder roh genießen, oder gekocht unter den Kaffee miſchen, und aus der auch Butter und Käſe bereitet wird. Im Frühlinge und Sommer werden die Schafe geſchoren. Man ſpinnt die gewonnene Wolle und ſtrickt ſie zu Strümpfen, Handſchuhen; Nachtjacken und dergl., oder webt ſie zu Tuch und anderen wollenen Zeugen. Ihr Unrat iſt ein ganz vorzügliches Düngungsmittel, Das Fleiſch der Schafe, unter dem Namen Schöpſen­oder Hammelfleiſch bekannt, wird beſonders in der wärmeren Jahreszeit ges geſſen. Den Talg benutzt der Seifenſieder zu Seife und Licht. Das Fell gerbt man mit und ohne Wolle, weiß» oder auch rothgar, und verarbeitet es zu Pelzen, Mützen, Fußbekleidungen u. ſ. w. Aus den Därmen macht man Violinſaiten, Bieſen auf Spinnrädern, Bogenſehnen u, ſ. w. und aus den Klauen und anderen Abgängen kocht der Weißgerber Leim.

27. Die Gemſenjagd.

Eine angenehme Beſchäftigung des Schweizers iſt die Gemſenjagd. Sie iſt ein höchſt gefährliches Geſchäft, welches nur ſelten reichen Erwerb ge­währt. Der Gemfenjäger iſt üngemein luſtig und heiter. Er ſcheut keine Mühe und keine Gefahr. Er klettert über Klippen und Felſen, über Spalten und Klüfte, um den ſcheuen Thieren nachzuſtellen. Unermüdlich fteigt er, ſo oft es auch ſchon vergebens ſein mochte, immer wieder auf die höchſten Alpenweiden, wo die Gemſen, um zu weiden, in kleinen Heerden beiſammen leben. Sobald er einige erblickt, klettert er womöglich noch höher, kriecht dann langſam und ohne Geräuſch über lockere Steine und Raſen unbemerkt wieder herab, bis er nahe genug iſt, um ſchießen zu können. Hat er eine Gemſe getroffen, ſo eilt er herbei und zerhaut ihr die Sehnen, damit ſie nicht entlaufen kann. Iſt es möglich, ſo ladet er das Thier auf ſeine Schultern, trägt es nach Hauſe und verzehrt hier mit ſeinen Verwandten in Luſt und Freude das Fleiſch. Iſt der Weg zu beſchwerlich, um ſolche Laft fortzubringen, dann zieht er dem Thiere nür die vortreffliche Haut ab. Das Fleiſch bleibt als ein willkommenes Mahl für die Raubvögel liegen. Große Gefahr droht dem Gemſenjäger, wenn ihn die Gemſen gewahr werden. Schnell entfliehen fie über Abgründe, Felſen und Gletſcher, und er verfolgt ſie dann in ganz unbekannte Gegenden. Wiſſen ſich die Gemſen nicht mehr zu retten, ſo dringen ſie in Maſſen auf ihn ein und ſtürzen ihn in die Tiefe, wo er ſich zu Tode fällt, oder verhungern muß. Bei dieſer Jagd kommen viele Menſchen um. Die Alpenbewohner aber ehren den kühnen Mann und ein ſelbſterrungener, nicht ein erkaufter, Gemsbart gilt als eine beneidens­werthe Zierde. Leider ſind unter der ſteten Verfolgung die Gemſen ſelten geworden und die Obrigkeit ſucht ſie durch Geſetze und Verbote zu ſchützen. Die Jagdleidenſchaft aber treibt die Männer des Gebirges dazu, das Gebot zu verletzen. Dadurch entſtehen dann oft blutige Kämpfe zwiſchen den Schutzbeamten und den Wilddieben, die ſchon manchen Tod veranlaßt, wenig: ſtens manchen ſonſt braven Mann in das Gefängniß gebracht haben.

28. Der Hirſch. Das ſchönſte und größte Waldthier Deutſchlands iſt der Hirſch. Der­felbe gehört zu der Ordnung der Wiederkäuer. Er muß deshalb vier

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