lebend bewohnt und in Heerden von zehn- bis hunderttauſend Stück aufund abwandert. Die dortigen Schneewüſteneien würden menſchenleer ſein, da ſie weder einen Baum zum Obdach, noch eine Pflanze zum Kleide oder zur Nahrung darbieten, wenn ſie nicht die Heimath zahlloſer Renthiere
wären.
230. Das Kameel.
Der Reichthum der Beduinen beſteht in ihren Heerden, beſonders in ihren Kameelen. Kein Thier iſt durch die Natur mit dem Leben der Menſchen ſo eng verbunden, als das Kameel ſeit Jahrtauſenden mit dem des Beduinen. Er nennt es das Schiff der Wüſte, da es ihn durch das ſonft unwegſame Sandmeer mit Windesſchnelle davonträgt und der unentbehrliche Gefährte ſeines Wüſtenlebens iſt. Das Kaméel, hier nur mit einem Höch er, findet auf der nackteſten Fläche, in dem härteſten Wüſtenele ig, in dem,. Akaziengewächs, wie in dem ſteinichten Dattel · Erne durch die zermalmende Kraft feiner Zähne hinreichende Nahrung. Des Trankes vermag es eine Reihe von Tagen hindurch zu entbehren. Ohne Baum, Zügel und Gebiß wird das Kamel nur liebreich durch Worte ge lenkt; für Muſik hat es fo viel Sinn, daß es beim Geſange des Führers Laſt und Ermüdung leicht vergißt. Des Arabers und ſeiner Familie Träger durch die Wüſte, ſein Mitkämpfer und ſein Retter in den Schlachten, liefert es ihm Nahrung und Kleidung, iſt ſein treueſter Gefährte in todter Einſamkeit, theilt mit ihm Freud und Leid. So wurde diefes meiſt ſanfte und fügſame Thier mit feiner feierlichen, gemeſſenen Bewegung, dem milden, lebendigen, faſt empfindung ſpollen Blide ſeines großen, mit langen Wimpern beſchatteten Auges der. Beſitz der Söhne der Wüſte. Wer die hohen, ſchmächtigen Beine mit den runden, breiten Fußſohlen, den langen Schwanenhals, den kleinen Kopf mit den runden Ohren, den demüthigen und doch feurigen Blick, den Ernſt der gebogenen Naſe, ſonderlich aber den hohen gnerſchaffenen Sattel, den dies Thier auf dem Rücken trägt, zum erſten Male ſieht, dem erregt der Anblick wohl ein halbmitleidiges Lachen. Dieſes ſöſt ſich aber bald in Bewunderung der Weisheit Gottes auf, wenn wir das Zweckmäßige im Bau dieſes Laſttbieres betrachten. Seine hohen Beine und der anerſchaffene Sattel gewähren dem Reiſenden einen Sitz, der hoch genug iſt, um über dem ſchädlichen Sandſtaube der Wüſte zu ſchweben. Daß es auf den Reiſen durch die Wüſte die Fütterung entbehren kann, hat der Araber am meiſten dem Langen Halfe zu verdanken, vermöge deſſen es jedes ſaftige Kraut im Vorübergehen und ohne Aufenthalt der k erlangen kann. Wie die Sonne ohne Stillſtand vom Anfange zum Niederen eilt, ſo ſchreitet auch das Kameel in den gewöhnlichen Tagereiſen der
araävanen raſtlos vom Orte des Auſbruches bis zu dem der Lagerung fort; die Bewegung iſt eine eigenthümlich ſchaukelnde, aber gleichmäßige; der Schritt ift leie und vorſichtig; auch an ſehr ſteilen Bergabhängen ſchreitet cs ſicher vorüber. Wenn es ſich zur Ruhe niederlegt, wird ihm auf wochen» langen Reiſen niemals die Laſt abgensmmen. Die edle Race der Reitkameele nennt man Dromedare.
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