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Bilder aus der Naturgeschichte / herausgegeben von einem Vereine von Lehrern
Entstehung
Seite
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10. Ordnung: Robben, Ruderfüßer.

Die Fußzehen find durch derbe, bis über das Nagelglied hingusreichende Sch wimm häute verbunden(Floſſenfüße). Die Hinterbeine liegen wage­recht ausgeſtreckt. Die Füße dienen nur zum Schwimmen; die Bewegungen auf dem Lande ſind unbeholfen. Gebiß verſchieden.(Wallroß, Seehund,

Seelöwe). zz. Der Seehund.

Höchſt kümmerlich, ja vielleicht nicht 6 friſten wäre das Leben des armen Bewohners der eiſigen Gegenden des höchſten Nordens, des Kamtſcha­dalen, Grönländers und Eskimos, ſollte er ſeine Speiſe dem öden, den größten Theil des Jahres in winterlicher Erſtarrung liegendem feſten Lande entnehmen, ſollte er ſich mit der Benutzung der Thiere begnügen, welche das trockene Land, das er bewohnt, ernähren kann. Gleichwohl führt er ein zu= friedenes Leben und ſeine einfachen Bedürfniſſe weiß er zu befriedigen. Vor­zugsweiſe verdankt er dieſes dem Seehund, welcher zahlreich die ihm nahen Meeresküͤſten bevölkert. Man darf wohl ſagen, die Güte Des Schöpfers nahm bei Erſchaffung des Seehundes, bei Auweiſung ſeines Wohnortes und . Nahrung vorzugsweife auf unfere nördlichſten Brüder Rückſicht. Sie

chuf in dem Seehunde ein Thier, welches fähig war, ſeine Nahrung von Seetang und anderen Seegewaͤchſen, Fiſchen und Muſcheln zu ſuchen und die ſpärlichen Nahrungsmittel des krockenen Landes unverkümmert zu laſſen, aber unfähig, ſich völlig im Waſſer aufzuhalten, genöthigt, das Land zu beſuchen, und bort feiner Ruhe zu pflegen, ſchnell zur Bewegung im Waſſer, aber iemlich unbehülflich auf dem trockenen Lande. So wurde es dem armen

ordländer möglich, dieſes Thier ohne Schwierigkeiten zu ſeiner Beute zu machen und durch deſſen Benützung den größten Theil ſeiner Nahrung und Bekleidung zu gewinnen. Man übertreibt nicht, wenn man behauptet, dem Bewohner der dußerſten Nordländer iſt der Seehund Alles in Allem. Mit deſſen Fleiſch und Blut fättigt, mit deſſen Fell bekleidet er ſich, mit ihm überzieht er das Innere ſeiner Wohnung, mit ihm überzieht und polſtert er 366 Lagerſtätte. Des Seehundes reichlicher Thran giebt Brennſtoff für eine Lampe, die das Zimmerchen erleuchtet und erwärmt, die ihm zugleich ſeine Speiſe kocht. So nahe reicht der Allverſorger dem Menſchen die Mittel zu ſeiner Erhaltung auch da, wo ſich der Schooß der Erde nicht aufſchließt, mit Vorrath ihn zu ſegnen. Aber nicht blos der Menſch des Nordens durch den Seehund, auch der Seehund ſelbſt ſah ſich von des Schöpfers liebevoller Rückſicht wohl bedacht. Wollte er in den Eisklüften mehr am Mittelpunkte des Polarkreiſes den höchſten Grad des Winters er­warten, ſo würde die See für ihn zur undurchdringlichen Eisdecke werden. Unter dem Eiſe aber würde ihm die Luft, über demſelben die Nahrung mangeln. Daher regt, wie bei N vielen Thieren, deren Leben des Winters Strenge bedroht, auch bei ihm ſich ein Inftinct, der ihn dann, wandern und für einige Zeit minder ſtrengem Froſte ausgeſetzte, Meerküſten beſuchen heißt. So länge übrigens die Sisdede des Meeres nicht zu ſtark wird, ver­mag der Seehünd unter ihr auszudauern, denn er kann, auf eine noch nicht genug erklärte Weiſe, vielleicht mit Hilfe bes warmen Athems, ſich Luftlöcher Durch zwei bis drei Fuß dickes Eis verſchaffen.