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Bilder aus der Naturgeschichte / herausgegeben von einem Vereine von Lehrern
Entstehung
Seite
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3.

im Grunde nur entwickelte Haare vor. Wenn der junge Vogel aus dem Ei kommt, dann iſt er nur mit Dunen bedeckt, d. h. mit Fäden, welche auf der Spitze der Federn, die noch unter der Haut liegen, ſitzen und nach einiger Zeit, wenn die Federn hervorbrechen, abgeworfen werden. Jede Feder beſteht aus drei Theilen, der Spule, dem Scha ft und der Fah ne. Die Federn des Schwanzes und der Flügel ſind die ſtärkſten; man untere ſcheidet fie als Steuer» und Schwung federn. Die übrigen heißen Deckfedern, weil fie die Aufgabe haben, den Körper zu bedecken. Einmal im Jahre wechſelt der Vogel ſein Federkleid, um ein neues zu bekommen: er manfert. Dann wird er ſtill und traurig, bis das neue Kleid da iſt. Viele, beſonders Stubenvögel, gehen in dieſer ſchweren Zeit zu Grunde. Die Farbe der Federn iſt ſehr verſchieden; oft glänzen ſie wie Metall, oft ſind ſie ſtumpf. Die lebhafteſten Farben zeigen die Vögel des Südens, die darin den Blumen gleichen und dem hellen Glanze des Himmels entſprechen. Ihre Nahrung nehmen die Vögel ſowohl aus dem Pflanzen⸗ wie aus dem Thierreiche. Man unterſcheidet daher die Körner» von den Fleiſch­freſſern und den Allesfreſſern. Viele freſſen am liebſten warmblütige Thiere; es find die Raubvögel. Andere, z. B. Storch uud Reiher, ver» zehren gern Fiſche und Amphibien. Die kleineren Vögel, die Sänger, die Finken 2c. halten ſich an Pflanzenkoſt oder dem Heere der Inſecken und Würmer. Faſt alle Vögel ſind gefräßig, weil ſie zuweilen in einem Tage ſo viel freſſen als das halbe Gewicht ihres Körpers beträgt. Er­flärlich wird das dadurch, weil bei ihnen das Athmen und der Blutum­lauf ſchnell vor ſich geht und das Fliegen auch keine geringe Arbeit iſt. Aber auch das Gegentheil kommt vor; denn man hat beobachtet, daß Vögel in der Gefangenſchaft lange hungern konnten, ohne daß es ihnen ſchadete. Durch ihre Nahrung iſt natürlich der Wohnort und die Verbreitung der Vögel beſtimmt. Wo es, wie im hohen Norden, an Pflanzenwuchs fehlt, da wird man vergeblich Körner- und Blattfreſſer ſuchen. Dagegen wird man dort ungezählte Schaaren folder Vögel finden, die ſich von Fiſchen nähren. Je mehr man ſich füdwärts bewegt, deſto zahlreicher werden die Inſecten, und mit ihnen wachſen die Arten der von ihnen leben­den Vögel. Da nun aber der Winter das In ſecten leben ertödtet, ſo zwingt er die Vögel dieſe unwirthlich werdenden Gegenden zu verlaſſen und Strich- und Zugvögel zu werden. Welches aber iſt die Beſtimmung der Vögel? Nun, da iſt es gut, daß auch hier der Menſch zu der Erkennt­uiß komme, daß fie nicht zuerſt ſeinetwegen da find, wenn ſie ſich dem feindlich zeigen, was er für ſich gepflanzt und gebaut hat. Die Vögel ſollen ſich auch ihres Daſeins freuen und deshalb nehmen ſie an der reichbeſetzten Tafel des Erdkreiſes Platz und nähren ſich daran nach Herzensluſt, unbe­kümmert darum, ob auch noch andere Weſen und vor allem Menſchen mit­efjen wollen. Die Kirſche, die Weintraube, das Getreidekorn erfreut den Hungrigen auch dann, wenn ſie der Menſch ſein eigen nennt. Daher leben Die meiften Vögel forglos und heiter und unbekümmert um das Morgen. Sie fliegen von Baum zu Baum, von Strauch zu Strauch, vom Feld zum Sumpf, um zu ſehen, ob dort für ſie ein Tiſch gedeckt ſei. Dadurch aber wieder beleben fie Wieſe, Feld und Wald und laſſen allüberall ihre nied­liche Geſtalt fehen und ihre meiſt anmuthige Stimme erſchallen. Und der Menſch, welcher die Natur liebt und durch die Fluren luſtwandelt,