95. Die Gerſte.
Sie befteht aus Wurzel, Halm und Aehre. Aus der faſerigen Wurzel ſchießt der weiche, knotige ö. An den Knoten umfafſen ihn bandförmige, ertßpte Blättchen. Oben ſchwankt die Aehre mit 2, 4 oder 6 Zeilen Körnern. Jedes Korn ift von einer, dicht umſchloſſen und mit ihr verwachſen. Lange, fteife Grannen umſtehen die. Sie haben ſcharfgelegte Ränder, als wollten fie die Gerfſtenkörner in ihrem Haufe beſchützen. — Der Nutzen der Gerſte iſt bedeutend; fie iſt eine gar ſchöne Gottesgabe. Beim Dreſchen ſpringen die Körner aus den Aehren und gehen auf eiſen. Die einen kommen auf den Hühnerhof. Mit Freudengeſchrei eilen Hühner, Enten und Gänſe herbei, ein Taubenſchwarm flattert vom 5. herzu, und auch der ſchelmiſche Sperling hüpft aus dem leeren Schwalbenneſte ſchlau heran. Alle erfreuen ſich an den Körnchen. Andere kommen zur Mühle. Einige werden auf der Mühle nur geſchält und kommen als Graupen zum Kaufmann und zur Speiſekammer. Andere werden zu Mehl gemahlen. Aus dem Mehl bereitet die Mutter wohlſchmeckende Speiſen und Gerſtenkuchen. Die Kleie wandert zum Schweinſtall, und das Schwein begrüßt fie mit freudigem Grunzen. Die meifte Gerſte aber kommt zum Bterbrauer. Dieſer laͤßt fie in Waſſer aufquell en und dann keimen, Sohald die Keimchen aber einen halben Finger lang herausgeſchoſſen find, dörrt er ſte ſchnell und verwehrt ihnen fo das Weiter» wachſen. Nun bringt er fie zur Mühle und läßt fie grob zermahlen. So erhält er das Malz. Er thut es in die Braupfanne und kocht es mit Waſſer. Den ſüßen Saft läßt er abfließen und vermiſcht ihn mit bitterm Hopfen, bringt dann Hefe hinzu und läßt die Ilüſſigkelt gähren. Mehrere Männer ſind nun n. das fertige Bier in Fäffer zu füllen und in den kühlen Keller zu ſchaffen, während andere das klare Bier auf Flaſchen füllen. Nun iſt es den Menſchen ein erquickendes, nahrhaftes Getränk.
98, Der Roggen.
Der Halm des Roggens iſt länger und härter als der Gerſtenhalm. Auch er hat Knoten, welche machen, daß er beſſer aufrecht ftehen kann. Ueber jedem Knoten umfaßt ein bandförmiges Blattchen den Halm. Weiter nach oben theilt es ga aber und trennt ſich unterhalb des Knotens vom Halme, indem es abwärts biegt. Auf beiden Seiten der Aehre ſtehen zwei Reihen von Spreublättchen, je zwei und zwei liegen immer auf einander. Die äußern Spreublättchen oder Spelzen find kahnfsrmig, fie tragen die Grannen, welche kürzer und ſchmäler Kan, als bei der Serfie. Nach dem Verblühen entſtehen. den Spreublättchen die Körner,
nd nicht verwachſen mit den Blättchen, wie bei der Gerfte. Anfangs
e ind fie noch weich und dem Auge verborgen. Nach und nach aber werden e hart und groß und gucken zwiſchen den Blättchen hervor; das Korn iſt relf. Die 4 n, geben das Roggenmehl, aus welchem nahrhaftes
Brot für Reich und Arm gebacken wird. Und wenn der Arme auch ſchwär6 Brot genießt, als der Reiche, es ſchmeckt ihm oft beſſer und nährt hn auch mehr. Leider bereitet man aus dem lieben Korne auch böfen, ge» fährlichen Branntwein. Viele trinken ihn, oft in Uebermaß, und. nicht, daß fie Gift trinken. Der Säufer macht ſich und feine Familie un
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