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Als sie über den tiefen Schnee nach der Hütte unter den Eichen kamen, fanden sie das schöne weiße Mädchen starr und tot. Von der Stunde an hat der junge Held nie wieder gelacht; sein dunkles Auge erlosch, und sein Haupt wurde weiß wie Schnee. Der Wilzan schenkte ihm die drei Inseln; da baute er sich eine Burg auf der Stelle, wo die Hütte stand und nannte sie Poztu- pimi, d. h. unter den Eichen. Weil er ein gar guter Herr war, sammelten sich viele Einwohner auf dem Werder, der nach ihm Chocie genannt wurde, und bald entstand ein kleiner Ort um die Burg. Oft erwähnen alte Chroniken des Volksstammes der Chocini und erzählen gar mancherlei von deren Anhänglichkeit und Liebe zu ihrem Fürsten.
Karl von Reinhard (Sagen und Märchen aus Potsdams Vorzeit).
26. Der Schimmel auf dem Wall.
König Friedrich Wilhelm I. hatte auf dem linken Ufer der Havel, von der Mündung der Nuthe bis zur Mitte der Langen Brücke einen breiten und tiefen Graben ziehen und längs desselben einen Damm aufwerfen lassen, der an seinem oberen Ende durch eine hölzerne Brücke mit dem Kirchhof der Heiligengeistkirche verbunden war. Dieser Graben, der im Winter durch die Fischer vom Eise frei erhalten werden mußte und der jetzt zum Kanal für die Schiffahrt erweitert ist, sollte das Desertieren der geworbenen Soldaten aus der Stadt erschweren. Zu gleichem Zweck war dieselbe im Osten, Norden und Westen mit einer wohlbewachten hohen Mauer umgeben, und längs dem Kietz an der Havel erstreckte sich eine dichte Reihe von Pallisaden.
Ehe dieser Wall aufgeworfen war, auf dem Tag und Nacht Posten standen und Patrouillen gingen, hatten die Deserteure oft versucht, die Havel zu durchschwimmen. Bald war von ihnen der nahe, dichte Wald erreicht, und oft waren sie schon über die damals nur wenige Stunden entfernte sächsische Grenze, bevor ihre Abwesenheit bemerkt worden war. Zu spät hatten die Lärmkanonen die Umgegend zur Aufmerksamkeit aufgefordert und waren die stets bereiten Kavallerieabteilungen aus allen Toren gerückt, um so schnell wie möglich alle Pässe und Brücken zu besetzen.
In dieser Zeit war der Sohn des Predigers aus Baruth in ein Werbehaus gelockt und berauscht gemacht worden. Man