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denn woher sollte Otto eine solche Summe nehmen? Dennoch fand sie sich, und zwar in überraschend kurzer Zeit.
Der alte Rat Johann von Buch, schon Berater und Freund vom Markgrafen Johann, dem verstorbenen Vater des gefangenen Markgrafen, war es, der nun auch den Sohn rettete. Er war es gewesen, der die Markgräfin Heilwig veranlaßt hatte, die Ratmannen von Magdeburg für sich zu gewinnen, daß der Erzbischof feierlich gelobe, den Markgrafen frei zu geben, sobald das Lösegeld gezahlt werde. Wie die Herren in Magdeburg, so zweifelte freilich auch die Fürstin daran, daß eine so ungeheure Summe jemals aufgebracht werden könnte. Aber Buch sprach ihr Mut ein, obgleich er sich nicht näher erklärte, da er sehr wohl wußte, daß Frauen ein Geheimnis nicht leicht bewahren können.
Johann von Buch veranlaßte nun die Markgräfin zu einer Reise nach Angermünde. Hier stand ein markgräfliches Schloß, in dem die Fürstin trotz ihrer unerwarteten Ankunft doch eine ihr würdige Aufnahme finden konnte. Über den Zweck des hohen Besuchs verlautete jedoch nichts.
Am anderen Tage begab sich Buch mit der Fürstin allein in das Städtchen, nur begleitet von einem alten Manne, der verschiedenes Handwerkszeug trug, wie es die Maurer zu gebrauchen pflegen. Ihn hatte Buch aufgesucht und mit ihm lange geheime Rücksprache genommen. Sie wendeten ihre Schritte der Marienkirche zu. Ehe sie diese betraten, betrachtete Buch aber an der Außenseite noch eine gar nicht so alte Linde und nahm bis zu dieser das genaue Maß der Kirchenmauer.
„Es ist schon richtig, Herr," lächelte der alte Handwerker, „auch ohne das würden wir die rechte Stelle schon wiedergefunden haben".
„Schon recht, Matthes," erwiderte Buch, „aber sicherer ist sicherer".
In der Kirche fanden sich, nachdem Buch auch hier den Raum wieder gemessen hatte, genau an der Stelle, wo draußen die Linde stand, einige unscheinbare Merkmale an der Mauer. Hier begann nun der alte Maurer ein Loch in die Mauer zu brechen, bis es die Form einer schmalen Türöffnung angenommen hatte, durch die ein Mensch gebückt in den dahinter liegenden finsteren Raum gelangen konnte.
„Es ist gut, Matthes," sagte Buch, „du kannst nun gehen.
Nohl, Unsere Mark Brandenburg. I. Teil. 9