Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1751)
Entstehung
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ist Fünfter Theil, IJ. Buch. Ill Kap. Von der Stat Prizwalt.

dern herumliegenden orten. Die hauerhoͤ­fe ſtunden voll karoſſen, und hatten viel vor­nehme gaͤſte: wannenhero getraͤnk und eß­wahren von allen orten in groſſer menge her­bei geſchaffet wurden, und der ort ſahe wegen der menge volks einem markt nicht unaͤhnlich: und wanns laͤnger ſolte gedauert haben; durften wohl, wie bei dem wunderbluht in Wilsnak, nicht wenig wirtshauͤſer ſein an­geleget worden. Die kranke ſein von aller­lei ahrt, lahme an handen und fuͤſſen, Der: wachſene, hoͤkkerige, mit hruͤchen, mit der gicht, kroͤpfen, geſchwulſt behaftete, blin­de, ſtumme und taube geweſen: und ſtun­den die hoͤkkerige in den gedanken, der kna­he koͤnte durch ein beſonderes bůgeleiſen die erhabene ausgewachſene theile gerade, und die verkürzte gliedmaſſen zur gehörigen form ausdehnen. Wann dic eltern von dem Frans ken oder in deſſen namen waren erſuchet wor­den: ſo wurde ſelbiger herzugebracht, muß­te den ſchadhaften ort entbloͤſſen, und die el­tern beredeten den manchmahl ungeduldigen knaben, der nicht wuſte, was das alles zu­ſagen hatte, und gar zu ofte geplaget wurde, daß er den ſchadhaften ort beſtriche, den er manchmahl auch wohl aus ungeduld krazete oder ſchlug. Tauhen, blinden und ſtum­men hat er in die ohren, augen und in den mund geblaſen, und mit der hand beſtrichen oder ſie gekitzelt, oder auch an die ohren ges ſchlagen. Den mit kopfſchmerzen behafte­ten zauſete er die haare und kopf. Viel trunken für innerliche gebrechen das waſſer, worin das kind ſeine haͤnde gewaſchen, und zwar manchmahl in gewaltiger maſſe; wu­ſchen die wunden, gebrechliche und verren­kete glieder, auch die augen, damit die mit dem ſtahr oder andern maͤngeln behaftet wa­ren: und wurde ſolch waſſer in gar groſſer menge verfahren, auch an dem ort das quart um 1 gr. verkaufet. Wann er zum ſpiel und von ſeinen curen auszuruhen auf den ſpielplatz erſchien, lauerten ſchon zu 5o Frans ke auf ihn. Und wann er nicht luſt zuſtrei­chen hatte, muſte er oft in mehr, als 20 eimern die bisweilen ziemlich beſudelte haͤn­de waſchen. Einige patienten ſein heim ſtreicheln, kuͤtzeln und blaſen, fo erblaſſet geweſen, als wann fie vom hlitz geruͤhret waͤ­ren: bald ſein ſie roht und feuerig worden, als wann ſie berauſchet geweſen oder mit einem paroxismo vom fieber befallen ge­weſen. So viel vermochte die durch hofnung, freude und vertrauen verurſachte alteration. Wann der wunderarzt das ſeinige gethan

152 mit ſtreichen, waſchen u. d g. ſo m auch von ſeiten der kranken ſo fort ie

erkentlichkeit erfolgen, ſie mochten ges

ſund worden ſein, oder nicht: und die er­folgte in guldens, harten thlr. Dukaten, pi. ſtoletten, 10 auch wohl mehr thlr. under. moͤgende gaben auch wohl nur etl. groſchen. Das vorſichtigſte der eltern hierbei war, daß ſie ihn gelehret groſſe ſtuͤkken wären beſſer als kleine. Dann er foderte oft mit deutlichen worten: een braf grot ſtuͤck will ich hebben.

Ein ſo groſſer zulauf konte nun nicht an­ders, als durchgehends ein ungemein groſſes aufſehen machen: inſonderheit da ſelbſt ber, nuͤnftige und in anſehen ſtehende leute in ſol­chen aberglauben beinahe ſich berleiten lieſſen; die einbildung und erwekte zuverſicht nebſt der bewegung und veraͤnderung der luſt auch wohl in einigen zufaͤllen eine beſſerung ver: urſachet hatte;(daß alſo ein ieglicher gern wiſſen wollte, was es eigentlich fuͤr eine be­ſchaffenheit hatte) wozu der berufene Salz: burger mit ſeiner betruͤgerei wohl das meiſte beigetragen hatte. Weil nun gleichwohl der gemeinen wohlfahrt an der wahren be­ſchaffenheit der ſache viel gelegen; indem fie zu gewaltigen unordnungen haͤtte anlaß geben konnen: ſo machte der Hr. D. Spies Land Phyſicus und Medicus in Witſtok den aus fang fuͤr ſich und ließ den bericht von dem, was er ſelbſt geſehen und heobachtet, an das Ober Collegium Medicum gelangen, mit dem vermelden, daß der Commiſſarius loci Herr Kriegesrath Kramer für ſich gleichmaͤſ­ſige erkundigung gegenwaͤrtig eingezogen,

und daß die Prediger in der gegend wieder

den offenbaren aberglauben gleichfalls bei ih­ren gemeinen eiferten. Das Datum war Witſtok 18 Jul. 1734. Wa Hierauf ging folgende zuſchriſt vom Ober: Collegio Medico an den Commiſſar. Loci Hr. Kriegsraht Kramer ab:.

Es ſoll nach dem an das Ober⸗Colleg. Medicum eingeſchikten Kopeil. hierbei ge­benden bericht des Herrn Land Phyſici D. Spieſſen bon 18 Jul. c. ein ſogenantes Wun derkind von 3 jahren in der Prignitz, auf dem dorfe Kehrberg bey Prizwall, namens Johann Ludewig Hohenſtein durch anruͤhren alle auͤſſerliche und innerliche, auch ſonſt in­curable ſchaden curiren, und deshalb von 10 bis 15 meilen die Patienten ſich in gro­ßer anzahl alda einſinden, um von ihren ge­brechen und krankheiten durch dieſes kind be­freiet zuwerden.

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