Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1751)
Entstehung
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155 Fuͤnfter Theil, Il Buch Ill. Kap. Von der Stat Prijwall. 156

ben muͤſſe gorgebeuget werden, ehe es übers hand nehme.

Ob nun wohl nicht zu leugnen, daß hei der­gleichen umſtaͤnden einen und die andere ge­neſung vorgegangen; und beiſpiele(ein moͤ= gen, welche in der that und wahrheit verſi­chern koͤnnen, daß ſie nach dem beſtreichen und andern mitteln beſſer geworden: ſo iſt doch ſolches alles nicht der wunderthaͤtigen wuͤrkung des knabens, ſondern entweder den vorhin ſchon gebrauchten mitteln, oder der einbildung und daher entſtehendem vertrauen und freude, oder der bewegung und veraͤnde­rung der luft zuzuſchreiben. Es wird nicht leicht ein kranker hingekommen ſein, der nicht ſchon mittel gebraucht, und die koͤn­nen durch die zuverſicht und durch den affekt der freude, ſonderlich durch die dazu kom­mende bewegung und veraͤnderung der ge­gend eine gar ſonderliche kraft und nachdruk bekommen, weil dadurch eine ſtarke altera­tion in das geblühte kann gebracht werden, wie bei der Mar. Doroth. Nielbeks ganz deutlich zu erſehen, welche doch durch or­dentlichen beiſtand des Arztes ihre ſprache wiederbekommen, auch wieder angefangen hatte zugehen, ſich aber auf dem wege nach Kehrberg nach und nach immer beſſer hefun­den; und dergleichen mögen eine gute ans zahl geweſen ſein. Wann auch keine mit­

tel, oder ſelbige lange vorher fein gebrauchet

worden: ſo iſt bekant, was gemuͤhtsbewe­gungen, die einbildungskraft und bewegung für eine gewalt auf den koͤrper und gebluht haben.

glaubens gemißhrauchet. Das geheilete maͤgdgen dienet umſonſt und breitet die ſa­

che aus: dann weil ſie den knaben an ſich

gewoͤhnet, auch auſſerdem, ſezte es manchen groſchen trinkgeld, um zum ſtreichen zus kommen. Viel zogen ihren nutzen hon dem herbei zuſchaffenden Nahrungsmitteln: de­

nen war an der ausbreitung und unterhal­tung der ſache gar viel gelegen. Was bon einem 2 jahr lang blindgeweſenen maͤgdgen

erzehlet wird, welche nachdem beſtreichen ſehend worden, wie es ganz glaubwürdig dar­

gethan worden: das iſt keine eigentliche

Allenthalben aber hat ſich der betrug eingeflochten und ſich der ein falt und des aber­

blindheit, ſondern eine pon vieler feuchtig­keit herruͤhrenden ſchwaͤche der augen gewe­ſen, bei welcher auch geſchwulſt der augen. lieder ſich einfindet nebſt einer empfindlich­keit, welche auch das licht nicht vertragen kann und macht, daß die kinder die augen aufzuthun ſich nicht getrauen. Das aller­meiſte aufſehen aber hat gemacht der mehr gemeldete Salzburger. Dieſer war an ar­men und haͤnden und am ganzen leibe geſund; die fuͤſſe aber waren ſeinem angeben nach dergeſtalt contract, daß er auf handkruͤl­ken oder niedrige huͤtſchen von einem ort zum andern vermittelſt der aͤrme ſich fort ſchwen­ken muͤſſen: wie ſolches in Berlin nicht un­hekant war, woſelbſt er mit ſolchem fahrzeug almoſen erbettelte, und gar viel menſchen zum mitleiden bewog. Als dieſer nach Kehrberg kommen und ſich beſtreichen laſſen: hat er ſogleich einen ungewöhnlichen ſchmer­zen empfunden. Er iſt bald darauf durch huͤlfe ſeiner frau auf einer leiter auf einen Heuſtall geſtiegen. Da er aber um ein ver­geſſenes kleiderſtuͤk wieder zuholen in abwe­ſenheit der frau herunterſteiget, und bald herunter: fallt er von den unterſten ſtufen auf die erde und in eine ohnmacht; und nachdem er wieder zu ſich kommen, beſin­det er ſich von feinem gehrechen befreiet, und iſt durch die oͤrter, da er vorher durch ges rutſchet, nun aufgericht und geſund wieder nach Berlin gegangen. Daß aber dieſes ſo wohl, als alles uͤbrige, bis auf die natuͤrli­cher weiſe mögliche exempel, ein betrug ge­weſen, hat endlich der ausgang gezeiget. Vater und mutter wurden mit dem kinde nach Berlin, und das kind in das groſſe

Friedrichs hoſpital gebracht, da es dann lei

ne wunder thun koͤnnen, wie ein nicht eben gar wohl gezogenes kind ſich verhalten, und gar hald geſtorben in feinem... jahre. Die

eltern konten an ihrer ſeite die gewinnſucht,

die ihr aberglauben unterſtuͤtzet, nicht leug­nen: und der Salzburger wurde als ein betruͤger entdelket, der feine füͤſſe zuſammen gebunden, und wann das almoſen eingefo­dert und er nach hauſe gekommen, nach ab­ehgten willigen feſſeln geſunde fuͤſſe ge­habt.

ö .

Das