welchen Bevölkerungsschichten sich diese Besucher rekrutieren. In dem Museum liegt ein Buch aus, in dem sie nach beendetem Rundgang sich einschreiben. Da finden wir Bauern, Arbeiter, Handwerker, Lehrer, Schulen in großen Mengen, Vereine aus kleinen Städten, Büdner, Altsitzer; ganz selten nur, daß ein Tourist von Berlin oder anderen großen Städten dazwischen verzeichnet ist.
Alle diese Besucher sind wertvolle, ja ganz unersetzliche Mitarbeiter des Heiligengraber Prignitz-Museums. Seine reiche und zum Teil wahrhaft wertvolle Sammlung besteht fast ausschließlich aus den freiwillig dargebrachten Geschenken der Prignitzer, und zwar aus denen von Bauern, Knechten, Büdnern, Schulkindern, neben deren Gaben die von Lehrern, Pastoren und Gutsbesitzern nur einen geringen Bruchteil bilden.
Spärlich floß im Anfang diese Gabenquelle. Das Auge der Leute mußte erst an den ausgestellten Gegenständen geübt werden, sie mußten erst erkennen lernen, was im Sinne des Museums noch Wert besaß. Heute vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Gaben irgendwelcher Art einlaufen, und wie oft hört man die bedauernden Worte: „Ja, wenn wir das vor Jahren gewußt hätten! Aber damals haben wir der Urne oder den Bronzefunden keinen Wert beigelegt. Da haben wir es eben weggeworfen."
Es ist verständlich, daß gerade für die vorgeschichtliche Abteilung die Mitarbeit von Bauern, Knechten und Kleinbesitzern ungemein wichtig ist. Wie werden denn Urnenfelder entdeckt? In den meisten Fällen dadurch, daß durch den Pflug Scherben an die Oberfläche gebracht werden. Meist sahen dann die Leute nach, ob Gold in den alten „Pötten" wäre. Fanden sie keins, so zerschlugen sie die Urnen und warfen sie fort. Welche Werte damit der wissenschaftlichen Forschung entzogen wurden, ist leicht ersichtlich. In der Prignitz wird, soweit die Einflußsphäre des Heiligengraber Museums reicht, so etwas nicht mehr Vorkommen. Jeder derartige Fund wird einfach an die Museumsleitung gemeldet. Die Leute sind eben stolz darauf, zum Gedeihen „ihres" Museums etwas beitragen zu können. In jeder erdenklichen Weise suchen sie die Ausgrabung zu erleichtern und folgen ihr mit größtem Interesse und verständnisvollen Fragen.
Ist der Fund dann geborgen, so werden die Geber nicht versäumen, sobald wie möglich in das Museum zu kommen, um dort ihre Sachen aufgestellt zu sehen. Die Zeit brauchen sie nicht sorgfältig zu wählen, denn das Museum ist Tag für Tag vom Morgen bis zum Dunkelwerden unentgeltlich geöffnet, auch an Sonntagen, ausgenommen die Kirchstunde, und eine alte Beschließerin, die das allmähliche Wachsen des Museums miterlebt hat und beinahe jedes Stück kennt, führt sie herum und erklärt ihnen alles. Sind Vereine und Schüler angemeldet, so wird die Führung oft vom Museumsleiter oder anderen, mit allem Wissenswerten gut vertrauten Persönlichkeiten übernommen, so daß es für die Besucher nie an reicher Anregung fehlt.
Dazu komnit noch, daß der Leiter des Museums im Winter in zahlreichen Dörfern, kleinen Städten Vorträge hält und den Hörern dabei in großen Zügen, mit Anschauungsmaterial aus dem Museum, die Geschichte ihrer Heimat schildert. Denn das Heiligengraber Prignitz-Museum will ein Heimatmuseum im echten Sinne des Wortes sein. Es ist erstaunlich, durch die Mitarbeit aller Prignitzer zu erfahren, daß kaum ein Dorf existiert, an dem nicht große Urnenfriedhöfe Zeugnis davon ablegen, daß schon in Urzeiten menschliche Siedlungen hier bestanden.. Noch wichtiger aber ist es, denen, die nun an dieser Stätte wohnen, davon Bericht zu geben, ihnen von der Geschichte ihres Bodens zu erzählen, so daß sie ein neues, vertieftes Verhältnis dazu gewinnen. Weit wertvoller ist es, Brücken zu schlagen von unserer Landbevölkerung zu ihren Vorfahren, sie erkennen zu lehren, wie die Menschen jener Zeit gelebt haben, wie ihre Häuser, ihre Geräte, ihre Kleider beschaffen waren; denn die Zeugen jener Zeiten wachsen ihnen aus ihrem eigenen Boden entgegen. Das sind Dinge, die sie greifen können und von denen ihnen auch noch der Nachhall alter Sagen spricht.