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Nur dem Zwecke sollten diese Zeilen dienen, Altes und Schönes zu schonen und Vorhandenes aufzubewahren. Eine Abhandlung über die Bauart der alten Bauernhäuser soll ein späteres Heft mit Abbildungen bringen.
Auch möchte ich bitten, alte Haustüren und ähnliches zu schonen und zn erhalten. An der Abbildung der Tür des Hauses Weberstraße 48 in Kyritz sehen wir, wie schön unsere Vorfahren alles zu verzieren wußten und wie geschmackvoll solch eine alte Tür wirkt. Auch dergleichen ist noch vielfach auf dem Lande zn finden und sollte, wenn es überflüssig geworden ist, seine Heimstätte im Museum sehen. Paul Quente.
Das Königsgrab von Seddin.
Jeder echte Prignitzer liebt seine Heimat und ist im Grunde seiner Seele überzeugt, daß seine Wälder und Felder sich Wohl sehen lassen können auch deu größten Naturschönheiten gegenüber, ja, diese wohl gar übertreffen. Das ist ein schöner Stolz, der jeden ziert. Wie sollte es aber auch anders sein! Welchem Kinde wird das Gesicht der Mutter nicht das schönste und liebenswerteste sein? Hat es doch das Auge der Liebe, das die Seele durchschimmern sieht durch die äußere Form. So geht es jedem Menschen, der ein starkes, echtes Heimat- gefühl besitzt, mit der Natur, die ihn umgibt. Was aber die Prignitz anbetrifft, so haben auch solche, die weit in der Welt herumgekommen sind, die die Schönheit des Gebirges und Meeres, des Nordens und Südens kennen gelernt haben, bekannt, daß in den Linien dieser Landschaft, in dein Ernst und der Stille dieser Natur ein Zauber liegt, den sie wo anders vergeblich suchten.
Dieser Stimmungszauber nimmt uns auch gefangen, wenn wir das Königsgrab von Seddin besuchen, dieses Denkmal einer vergangenen Größe, das in seiner Art so bedeutungsvoll und interessant ist, wie etwa die ägyptischen Königspyramiden, zu denen alljährlich Tausende von Fremden ans aller Herren Länder pilgern. Nur sind die Pyramiden von Sklavenhänden erbaut, und dies gewaltige Königsgrab haben freie Männer aufgewölbt, ein Andenken an die Größe ihres Königs und zugleich ein 'Andenken an ihre Treue. Inmitten der flachen Landschaft, in Felder gebettet, erhebt sich dieser mächtige Hügel, den das Auge schon von fernher sieht und von dem der Uneingeweihte glauben möchte, die Natur habe ihn geschaffen. Der Näherschreitende erkennt freilich, daß der Hügel dazu zu unvermittelt aus der Ebene emporwächst. Er sieht auch die tiefen Mulden in der Nähe des Grabes, aus denen vor Jahrtausenden die Erde gewonnen ist, die sich über dem Steinkern zu dem mächtigen Totendenkmal dort wölben sollte. In diesen Jahrtausenden hat sich manches verändert. Die Mulden werden beackert. Wo ehemals unfruchtbares, spärlich bebautes Land war, wogen jetzt die reichen Felder. Der Hügel ist bewachsen. Nicht nur mit Gras und Blumen, sondern mit knorrigen Kiefern und mit jungem Laubgehölz. So ist das Bild, das sich heute unserem Auge zeigt. Wie oft, wie mannigfach mag es sich gewandelt haben im Laufe der Zeiten. Aber in den all den Jahrhunderten und Jahrtausenden ist der Hügel geblieben, ein unvergängliches Denkmal. Der Ring von gewaltigen Steinen, der ihn umzog, mag spätere Geschlechter mit scheuem Aberglauben erfüllt haben, sodaß sie ihn unberührt ließen. Auch erhielt sich in der Gegend die Sage, daß er eines gewaltigen Königs Grab sei, der dort in einem dreifachen Sarge, einem steinernen, tönernen, goldenen, beigesetzt wäre. Einen Bauer, dem das Land, auf dem der Hügel lag, gehörte, lockte der goldene Sarg. Er verstand es nicht, die goldenen Schätze zu heben, die des Bauern Stolz sind, reich wogende Felder. Darum grub er dem vermeintlichen Golde im Hügel nach. Doch fand er es nicht, und