Heft 
(1913) 3
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Die sogen. Hausurne von Luggendorf.

Hausurnen nennt man unter den Gefäßen, die zur Aufbewahrung der ver­brannten Knochen des Toten bestimmt waren, diejenigen, welche die Nach­bildungen von Häusern oder Hütten darstellen. Die abgebildete Hausurne von

Luggendorf zeigt die Nachbildung einer Hütte. Durch die ver­schiedenartige Zeich­nung des runden Hüttendaches sind Dachsparren ausge­drückt. Der Eingang der Urne war ur­sprünglich mit einer Tür aus Ton ver­schlossen die durch eine vorgesteckte Bronze­nadel festgehalten wurde. Die beiden zur Seite der Tür vorstehenden Wülste aus Ton sind nämlich durchbohrt und zeigen dadurch, daß sie zur Aufnahme einer Nadel dienten. Nach dem Glauben derGermanen

lebten die Menschen nach ihrem Tode im Himmel, sich weiter an Krieg und Jagd ergötzend. Bei diesem Glauben ist es auch sehr wahrscheinlich, daß man sich dachte: Der Gott, der aus den verbrannten Knochen einen Menschen neu erstehen läßt, kann auch die Leigegebene Nachbildung seines Hauses so vergrößern, daß es für den Verstorbenen bewohnbar wird. Vielleicht gab man deshalb dem Toten die genaue Nachbildung seines ehemals von ihm bewohnten Hauses mit, daß er in ihm bekannten und von ihm geliebten Räumen wohnen könnte. Rundhütten, wie sie eine der Hausurnen darstellt, waren noch zur Zeit um 170 n. Ehr. bei den Germanen im Gebrauch. Auf einer Siegessäule, die der römische Kaiser Marcus Aurelius (regierte von 161180 n. Ehr.) aufrichten ließ, nachdem er den Krieg mit den Markomannen, einem germanischen Volksstamme, beendet hatte, sind Darstellungen von germanischen Rundhütten zu sehen. Die Luggendorfer Hausurne stammt aus der Zeit von etwa 700300 v. Ehr. In dieser Zeit findet man die Hausurnen öfter. Aus der Prignitz sind bekannt: Eine von Seddin, eine von Gandow, eine Urne mit eingezeichneter Haustür von Kl.-Gottschow, alles Westprignitz, während aus der Ostprignitz nur die von Luggendorf bekannt ist. Die Urne von Seddin ist vollkommen vernichtet worden. Die Urne von Gottschow befindet sich in unserm Heimatmuseum, ist aus etwa 200 Stückeu zusammengesetzt und von Herrn Gehrann, Kl.-Gottschow, ge­schenkt. Die von Gandow befindet sich im Museum der Stadtgemeinde Berlin Märkisches Provinzial-Museum) und die von Luggendorf, von der wir eine Nachbildung besitzen, hat das Kgl. Museum für Völkerkunde, Berlin. Die Seddiner Hausurne war viereckig, während die anderen 3 sämtlich rundeHausbauten darstellen. Die Tür ist bei allen, mit Ausnahme der Kl.-Gottschower Urne, eingesetzt, die Gottschower Hausurne ist eine der wenigen, mit eingeritzter Tür versehenen Urnen und dadurch um so wertvoller. Die Hausurnen kommen in der Prignitz alle in der Zeit von etwa 1000300 v. Ehr. vor. Eine spätere Abhandlung soll sämtliche Hausurnen mit den Abbildungen bringen, im Vergleich zu wirklichen vorgeschichtlichen Häusern.