Heft 
(1924) 2
Seite
21
Einzelbild herunterladen

21

hat neben anderen Wissenschaften in neuerer Zeit besonders die Vorgeschichts­wissenschaft an den Funden aus germanischer Zeit- erwiesen. Die Altertümer von Kuhbier liefern uns neues Anschauungsmaterial für den Kulturzustand der alten Germanen in der Prignitz. Wir sehen die Gefäße, denen man die letzten Neste des Leichnams anvertrauie, die Schmucksachen, Gegenstände der Kleidung und des täglichen Gebrauches, fast alles Sachen, die> im Lande gefertigt sind. Es sind meist kleine Kunstwerke in ihrer Art und zeigen den Trieb, auch die kleinsten Dinge des Lebens in eine schöne, künstlerische Form zu bringen. Be­trachten wir noch einmal die Schalenurne mit ihrer weichen und gefälligen Form­gebung und der Verzierung, die bald durch schlichte, bald durch reichere Ausge­staltung, bald durch feine Linien und Einstiche, bald durch den Wechsel von Licht und Schatten reizvolle Wirkungen hervorruft und sich mit feinem Sinn für das Organische dem Bau des Gefäßes anschmiegt, und halten wir daneben den feinen, gegliederten Kopf einer Knochennadel oder den leichten und lässigen Aufball einer Fibel (Taf. Il 2), so erfassen wir am schnellsten den Grund­charakter des herrschenden Stils. Er ist leicht und gefällig, liebt weiche Linien und Formen und schnell hingeworfene Zeichnungen, neigt zur malerischen Aus­gestaltung; dagegen meidet er die strenge, herbe Form und Linie, wie sie an dem Mäandergefäß der vorangehenden, srührömischen Periode uns in klassischer Ausprägung entgegentritt. Und so finden sich unter den Altertümern von Kuh­bier viele, auf denen auch ein modernes Auge mit Wohlgefallen ruhen kann, das durch große Kunstwerke späterer Zeit verwöhnt ist.

Alle Funde befinden sich im Heimatmuseum Heiligengrabe, das auf diesen Besitz stolz sein kann.

Verzeichnis der Abbildungen.

Alle abgebiloeten Stücke stammen vom Gräberfeld von Kuhbier.

Tafel I.

Abb. 1: Spinnwirtel aus Sandstein. Om.

3,8 cm. Einzelfund.

Abb. 2: Schildfibel. Grab 61.

Abb. 3: Spinnwirtel aus Ton. Höhe 2,7 cm. Grab 75.

Abb. 4: Schalenurne. Höhell cm. Grab106. 5: 11 101.

6: 13 V2 108.

7: 17 ,. 51.

8: 14 88.

9: I6V2 135.

Tafel II.

Abb. 1: Fibel aus Bronze. Grab 72.

Abb. 2: Fibel ans Bronze. Länge 5V2 cm. Grab 62.

Abb. 3: 2 Bernsteinperlen. Länge der ersten 1,7 cm. Om. der zweiten 1,1 cm. Grab 94. Abb. 4: Fibel aus Bronze. Länge 4,8 cm. Grab 169.

Abb. 5: Schalenurne. Höhe IOV2 cm. Grab 61. Abb. 6: Bügel einer Bronzefibel (Spirale und Nadel fehlen). Länge 7,2 cm. Einzel- fnnd.

Abb. 7: Knochennadel. Grab 166.

Abb. 8: Unberzierter Topf. Höhe 19 cm. Grab 40.

Abb. 9: 3 Glasperlen. Grab 144.

Abb. 10: Schlüssel und Messer aus Eisen. Länge des Schlüssels 17 cm, des Messers 12 cm. Grab 63.

Abb. 11: Gürtelschnalle aus Eisen. Größter Om. 4,6 cm. Einzelfund.

Neue Gräberfunde der spätrömischen Zeit bei Kyritz.

Am 2. und 3. Juli 1924 gelang es der Museumsleitung, bei Kyritz ger­manische Urnengräber" aufzudecken, die aus derselben Zeit wie das Gräberfeld von Kuhbier stammen. Auf dem Grundstück des Herrn Landwirts Muth hat Paul Ouente schon vor dem Kriege etwa 60 Gräber der spätrömischen Periode freigelegt. Bei Bauarbeiten stießen in diesem Jahre auf demselben Grundstück, doch in einiger Entferung von der alten Grabungsstelle, Arbeiter auf Urnen, die zerstört wurden. Beim Durchsuchen der Erde fand sich eine Bronzefibel. Als Herr Muth sah, daß noch mehr Urnen in der Erde standen, ließ er sie unberührt und benachrichtigte Herrn Konrektor Brell, der den Fund dem Heimat­museum Heiligengrabe meldete. Daraufhin begann am 2. 7. die Grabung, die 12 Urnengräber zu Tage förderte. Die Urnen befanden sich 7090 cm unter der Erdoberfläche in geringen Abständen voneinander. Die Abbildung zeigt,