Heft 
(2022) 29
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132 Otis 29(2022) Brutvögel östlich dieser Linie, und somit auch die Flussregenpfeifer aus Ostdeutschland, ziehen eher nach S und SE, um ins Überwinterungsgebiet nach E-Afrika zu kommen( H einicke & K öppen 2013). Im Atlas des Vogelzuges werden noch zwei östliche­re Fernfunde aufgeführt: ein in Schleswig-Holstein beringter Flussregenpfeifer, der am Südrand des Kaspischen Meeres im Iran erlegt wurde, und ein in Schweden markierter Vogel, der in Indien gefunden wurde( F ransson et al. 2008, B airlein et al. 2014).Mit Geolokatoren ausgestattete schwedische Flussregen­pfeifer zogen zunächst ebenfalls nach Südosten und rasteten im Nahen Osten, um anschließend in Win­terquartiere in Indien und Afrika weiterzuziehen ( H edenström et al. 2013). ImEurasian African Bird Migration Atlas finden sich wenige weitere Funde mitteleuropäischer Flussregenpfeifer in südöstlicher Richtung in Griechenland, Ägypten, Zypern und der Türkei sowie skandinavischer und baltischer Vögel auch in Georgien, der Ostukraine und Russland so­wie eines weitereren in Israel( S pina et al. 2022). Anhand des Funddatums lässt sich daher ver­muten, dass sich der in der Nordost-Uckermark markierte Flussregenpfeifer beim Kontrollfang auf dem Zugweg ins östliche Afrika oder nach Indien befand. Blessralle Fulica atra Hiddensee EA 182949+ gelber Farbring CJ5 Für viele Arten gibt es durch Ringfunde belegte gute Kenntnisse zur Brutortstreue und auch zur Ge­burtsorts- und-gebietstreue. Weniger Daten liegen hingegen im Allgemeinen zur Ortstreue am Über­winterungsort vor. Im Rahmen des länderüber­greifenden Farbmarkierungsprogramms Blessralle wurde eine Vielzahl von Nachweisen für mehrjährige Winterortstreue, aber auch zur Brutortstreue(z. B. B orn 2012) erbracht. Ringablesungen zahlreicher Vögel sowohl im Winter als auch zur Brutzeit in Brandenburg zeigen, dass ein Großteil der hiesigen Überwinterer der heimischen Brutpopulation an­gehört. Dass nicht alle winterortstreuen Blessrallen Standvögel sein müssen, belegt eindrucksvoll ein Vogel, der am 02.01.2015 im mindestens dritten Ka­lenderjahr von A. Kabus in Potsdam beringt wurde. Von ihm liegen bislang 146 Ablesungen vor – von nur zwei Orten: Potsdam und Warschau/Polen. Das Männchen konnte seit der Wintersaison 2014/15 bis 2022/23 in insgesamt acht Wintern(außer 2019/20) am selben Ort in Potsdam(Freundschaftsinsel) an­getroffen werden(Ablesungen insbesondere durch U. Hein und W. Püschel). Darüber hinaus hielt es sich zur Brutzeit in bislang acht Jahren(2015 bis 2022) regelmäßig in Warschau auf und wurde dabei sechs­mal als sicherer Brutvogel mit Jungen gemeldet(Ab­lesungen insbesondere durch H. Mateuszczyk). Die Entfernung zwischen Brut- und Überwinterungsort beträgt 536 km westlich. Bemerkenswert ist neben der Konstanz des jährlichen Zuges,dass dieser unab­hängig von der Härte oder Milde des Winters erfolg­te. Die früheste Feststellung am Überwinterungsort in Potsdam datiert vom 08.11.2022, die späteste vor Antritt des Heimzuges stammt vom 26.02.2017. Die früheste Ankunft am Brutort in Warschau fällt auf den 20.02.2020, die späteste Feststellung dort vor dem Wegzug erfolgte am 27.10.2017. Als kürzeste Differenzen zwischen saisonaler Letztbeobachtung in Potsdam und nachfolgender Jahreserstbeobach­tung in Warschau wurden 11 Tage(2017) bzw. 14 Tage(2022) ermittelt. Die Feststellung dieser be­merkenswerten Lebenslaufhistorie mit langjähri­ger Winterorts- und Brutortstreue der inzwischen mindestens 9-jährigen Blessralle wurde durch den Umstand begünstigt, dass sich beide Orte im inner­städtischen Bereich befinden und regelmäßig durch an der Beringung interessierte Ornithologen fre­quentiert werden. Weißstorch Ciconia ciconia Hiddensee KA 3950 In seinem langjährigen Beringerleben markierte der Storchenvater des Elb-Havel-Winkels Manfred Mül­ler() mehr als 5.000 Weißstörche. Schon vor über dreißig Jahren experimentierte er mit gelben Plastik­Farbringen zur Verbesserung der Ablesequoten. Im Juli 1995, in seinem letzten aktiven Jahr vor seinem Tod, beringte er in Molkenberg/Stendal einen Nest­ling, der seinen Beringer um viele Jahre überleben sollte. Von diesem Vogel fielen bislang 24 Lebenda­blesungen an – eine bemerkenswerte Datenreihe für einen lediglich über dem Fuß mit Metallring mar­kierten Storch. Zwischen 2003 und 2021 wurde er in immerhin elf Jahren als ortstreuer Brutvogel in Stro­dehne/Landkreis Havelland abgelesen. Der Brutort befindet sich, wenngleich durch die Havel als Lan­desgrenze zu Sachsen-Anhalt getrennt, in nur 5 km