Heft 
(2022) 29
Seite
135
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Dürr, Kabus& Haupt: Bemerkenswerte Ringfunde aus Brandenburg 135 Fang des vorjährigen Raufußbussard-Weibchens mit einem Klappnetz bei Friesack/Landkreis Havelland. Dieser Vogel konnte von ihm fünf Winter später am 11.12.2018 erneut auf derselben Wiese mit einem Stellnetz wiedergefangen werden. Schleiereule Tyto alba Hiddensee EA 156693 Schleiereulen gelten als Standvögel mit einer hohen Sesshaftigkeit.Wanderungen unternehmen größten­teils Jungvögel in den ersten Lebensmonaten ihrer Dismigration( B airlein et al. 2014). Am 04.05.2020 wurde im NaturschutzzentrumKrugpark in Bran­denburg an der Havel eine im Stadtgebiet erschöpft aufgegriffene Schleiereule zur Pflege eingeliefert. Da sie sich durch ihren Brutfleck als adultes Weibchen im Brutgeschäft auswies, erfolgte bereits 3 Tage spä­ter die Freilassung am Fundort. Vorher wurde der Vogel durch M. Hug beringt. Groß war die Überra­schung,als im nächsten Winter eine Wiederfundmel­dung dieser Eule nicht aus dem Nahbereich, sondern aus 1.227 km Entfernung eintraf: Am 24.02.2021 wurde der Vogel in Floresti/Moldau verletzt in ei­ner Tierfalle aufgefunden. Bemerkenswert ist dieser Fund neben der Wiederfundrichtung insbesondere durch den Umstand, dass es sich um die Abwande­rung eines Altvogels handelte. Heimische Schleier­eulen zerstreuen sich überwiegend in westliche und südwestliche, aber auch in östliche Richtungen. Aus südöstlicher Richtung stammte bislang lediglich nur ein Wiederfund eines Hiddensee-Vogels, der aus Sachsen in die Rhodopen(Bulgarien) abgewandert war. Zwei weitere Rückmeldungen aus diesem Rich­tungssektor liegen aus Serbien sowie in einem Fall aus Ost-Ungarn vor(Mitt. BZ Hiddensee, S. Kreut­zer). Alle diese Schleiereulen wurden als Nestlinge beringt. Der vorliegende Wiederfund unterstreicht, dass auch die Beringung von freigelassenen Vögeln, die sich zeitweise zur Pflege in menschlicher Ob­hut befunden haben, sinnvoll ist und grundsätzlich praktiziert werden sollte. Eisvogel Alcedo atthis Icona Madrid V031858 Während bei unseren Eisvögeln die Jungen nach kurzer Zeit ihren Erbrütungsort verlassen, ziehen im Gegensatz dazu nur wenige Altvögel aus dem Brut­gebiet ab( K öppen & H elbig 1996, B airlein et al. 2014). Der hier genannte Ringvogel belegt allerdings, dass auch Adulte bis zum Randbereich der Winterverbrei­tung unserer Eisvögel gelangen können. Er wurde am 13.09.2001 als adultes Weibchen in der Küsten­region des Mittelmeeres bei Murcia in SE-Spanien beringt. Am 02.07.2002 gelang H. Kasper der Wie­derfang dieses Weibchens 1.916 km NNE vom Berin­gungsort in der Havelniederung bei Plaue/Stadtkreis Brandenburg an der Havel. Es hatte einen Brutfleck und war demzufolge sehr wahrscheinlich Brutvogel im Gebiet. Der Beringungsort liegt deutlich weiter im Süden Spaniens als alle in B airlein et al.(2014) dargestellten Funde, die lediglich bis in den Nordos­ten des Landes reichen. Es ist die weiteste saisonale Wanderung, die für einen ostdeutschen Eisvogel je bekannt wurde( F iedler et al. 2006). Grünspecht Picus viridis Hiddensee LA 005832 Grünspechte gelten als besonders orts- und sogar reviertreu. Entsprechend lagen für den deutschen Ringfundatlas von 2.700 ausgewerteten Beringun­gen auch nur zehn Funde aus einer Distanz von mehr als 30 km zum Beringungsort vor, die nach B airlein et al.(2014) größtenteils auf ungerichtete Disper­salbewegungen wohl junger Vögel zurückzuführen sind. Der am 02.10.2019 von H. Kasper am Gülper See/Landkreis Havelland als adultes Weibchen be­ringte Grünspecht sollte sich zu diesem Zeitpunkt in seinem vorhergehenden Brutrevier befunden haben. Überraschend wurde er am 01.05.2021, also mitten in der Brutzeit, in Brielow/Landkreis Potsdam-Mit­telmark nach Kollision mit einer Glasscheibe tot ge­funden und befand sich damit 35 km südsüdöstlich des Beringungsortes. Ob es sich hierbei um einen Brutortswechsel handelte oder um denAusflug eines Altvogels, muss offen bleiben. Schilfrohrsänger Acrocephalus schoenobaenus Stockholm BK 00358 Über die Tageszugleistungen unserer Kleinvögel gibt es, im Gegensatz zu größeren Vogelarten, bei denen mit Hilfe von Sendern die Messung der täglichen Zugstrecken vielfach erfolgte, nur wenige Informati­onen. Nur in seltenen Fällen gelingt ein Wiederfang auf dem Zugweg nach einem oder wenigen Tagen, der eine Aussage zur täglichen Zugstrecke erlaubt. Der hier erwähnte junge Schilfrohrsänger wurde auf