Kalbe und Mädlow: Zur Geschichte der brandenburgischen Ornithologie 2 Die Anfänge: Ornithologie bis zum Zweiten Weltkrieg
2.1 Aufzeichnungen zu Vögeln in historischen Akten
Vor und zu Beginn der ornithologischen Forschung im 18. und 19. Jahrhundert war über die Vogelwelt in Brandenburg wie auch in den meisten deutschen Landen nur wenig bekannt. Das betrifft vor allem genauere Angaben über die einzelnen Arten, deren Häufigkeit, Fortpflanzungsbiologie, Zugverhalten und Taxonomie. Insofern sind die aufwändigen Recherchen von KLOSE ( 2005) über die Wertschätzung der Vögel und ihre Bedeutung für die Menschen anhand der Aktenbestände des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz von besonderer Bedeutung. In hohem Maße sind Einschätzungen über die Nutzung, Verfolgung und Unterschutzstellung der Vögel im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit auf der Grundlage der damaligen Bedürfnisse von großem Wert, weil sich daraus bestimmte Entwicklungen in der Vogelwelt ableiten lassen. In dieser Zeit standen Vögel zweifellos als Jagdobjekt, Nahrungsmittel und Handelsware im Vordergrund, wohl auch als Schädlinge in der Landwirtschaft. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Verordnungen,
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Edikte und Regeln für die Jagd, den Handel und die Bekämpfung von Schadvögeln.
Anfang des 17. Jahrhunderts wurden einige Vogelarten dem Jagdrecht unterstellt, das heißt, sie durften nicht mehr von jedermann verfolgt werden, sondern ihre Bejagung blieb dem Landesherrn und adligen Grundbesitzern vorbehalten. Dazu zählten Schwäne, Kraniche, Reiher, Großtrappen, Raufußhühner( Auerhuhn, Birkhuhn, Haselhuhn), Rebhühner und Greifvögel. Die„ hohe Jagd“ blieb dabei allein dem Landesherrn oder von ihm Begünstigten vorbehalten. Nach einer Regelung von 1794 gehörten dazu Fasanen und Auerhühner. Nicht vom Jagdrecht erfasste Arten durften weiterhin von jedermann erbeutet werden.
Aus den Angaben zur Jagd lassen sich Schlussfolgerungen zum Auftreten„ wichtiger" Arten ziehen. So zeugen beispielsweise die alljährlich im Herbst bei Nauen für die königliche Hofküche gefangenen Feldlerchen von der damaligen Häufigkeit der Art: Zwischen 1767 und 1791 wurden meist zwischen 1.000 und 3.000, maximal 3.690
( 1) Bevorzugte Speisevögel Misteldrossel
Wacholderdrossel
Singdrossel
( 2) Gewöhnliche Speisevögel
110-140 g Weindrossel 80-140 g Feldlerche 65-90 g
55-75 g
33-45 g
Schwarzspecht
300-350 g
Grünfink
25-34 g
180-220 g
Dompfaff( Gimpel)
21-27 g
Grauspecht
125-165 g
Buchfink
19-24 g
Buntspecht
70-90 g
Stieglitz
14-18 g
Kiebitz
150-310 g
Bachstelze
19-27 g
Wachtelkönig
135-200 g
Rauchschwalbe
16-25 g
Eichelhäher
140-190 g
Mehlschwalbe
15-21 g
70-135 g
Rotkehlchen
16-22 g
Amsel
80-110 g
Meisen, z.B. Kohlmeise
16-21 g
Star
75-90 g
Hänfling
15-20 g
Pirol
65-67 g
Gartenrotschwanz
12-20 g
Kembeiẞer
48-62 g
Erlenzeisig
10-14 g
Fichtenkreuzschnabel
28-40 g
Abb. 15: Bewertung der Speisequalität heimischer Vogelarten im 17. Jahrhundert. Aus KLOSE ( 2005), beruhend auf einer Publikation von ELSHOLTZ( 1682).
( 3) Schlechte Speisevögel
Zwergtaucher Eisvogel
Haussperling
Feldsperling
100-200 g
Nachtigall
18-27 g
40-45 g
Gartengrasmücke
16-23 g
22-32 g
Rohrammer( Rohrsperling)
15-22 g
19-25 g
Zaunkönig
8-13 g