Kalbe und Mädlow: Zur Geschichte der brandenburgischen Ornithologie
gagierten sich zahlreiche Naturwissenschaftler in den zoologischen und botanischen Fachgruppen der Gesellschaft für Natur und Umwelt im Kulturbund( GNU). Ökologisches Grundlagenwissen in großem Umfang stand dadurch sofort mit der Wende zur Verfügung und konnte schnell in die Gebietsauswahl,-abgrenzung und-zonierung einbezogen werden, zumal viele der vorherigen » gesellschaftlichen Kräfte“ aus der GNU schon 1990 in den neu entstehenden Aufbaustäben und Naturschutzbehörden hauptamtlich mitarbeiteten." Auch die späteren Ausweisungen der Euro päischen Vogelschutzgebiete( SPA) 1997 und 2005 beruhten wesentlich auf ehrenamtlich erhobenen Daten.
Ein anderes Beispiel für einen bemerkenswerten Naturschutzerfolg ist die Tatsache, dass auf„ sanften Druck" des Biologischen Arbeitskreises Luckau die SED - Bezirksleitung Ende der 1980er Jahre beschloss, in den Landwirtschaftsbetrieben Stellen für„ Landeskulturbeauftragte" einzurichten, um bei der Bewirtschaftung die Naturschutzbelange besser zu berücksichtigen. Mehrere Mitglieder des Arbeitskreises konnten so tätig werden( DONAT 1997).
Bereits 1956 wurde der„ Arbeitskreis zum Schutz vom Aussterben bedrohter Tiere"( AKSAT) unter der Schirmherrschaft der Deutschen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften gegründet. Ziel war es, Daten zur Bestandsentwicklung für besonders gefährdete Arten zu gewinnen, Forschungsvorhaben zu initiieren und
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3.11.1 Der Neuanfang in den 1950er Jahren
Anders als im Ostteil Berlins und im Land Bran denburg entwickelte sich die Ornithologie in West- Berlin zunächst ohne feste Organisationsformen. Zwar kam es bereits im Mai 1950 zur Wiedergründung einer Ortsgruppe Berlin des Bundes für Vogelschutz( später DBV, HANEMANN& SIMON 1987), doch verstand sich dieser nicht unbedingt als organisatorische Basis der wenigen in der Stadt tätigen Feldornithologen. Eine gewisse Bedeutung erlangte die von Erich ENGEL 1952 gegründete
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wissenschaftlich begründete Schutzmaßnahmen zu erarbeiten. Der AKSAT benannte zuständige Bearbeiter für die einzelnen Arbeitsgruppen, die DDR - weit tätig wurden. Neben Berufsbiologen fanden sich unter den Betreuern auch HobbyOrnithologen, so z. B. aus Brandenburg Walter LIBBERT für den Kranich. Damit begann eine kontinuierliche zentrale Datensammlung. Seit 1960 war der AKSAT dem Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz( ILN) zugeordnet. Leiter waren Robert März ( 1956-59), Hans SCHIEMENZ ( 1960-1976) und Max DORNBUSCH( 1976-91) ( IUGR 2010).
Unterstützt wurde der AKSAT durch die Bezirksarbeitsgruppen Artenschutz, die bei den Räten der Bezirke angesiedelt waren. Sie wurden im Bezirk Cottbus 1978, in den Bezirken Frankfurt und Potsdam 1979 und in Berlin 1985 gegründet. Hier wurden mit Hilfe haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeiter die Erfassungen gefährdeter Arten auf regionaler Ebene organisiert, aber auch konkrete Arten- und Biotopschutzprojekte angeschoben sowie die Einrichtung von Schutzgebieten initiiert. Innerhalb der Bezirksarbeitsgruppen existierten Fachgruppen für einzelne Arten oder Artengruppen, z. B. Weihen, Kraniche, Großtrappe, Greifvögel( IUGR 2010, MECKELMANN 1989). Die Bezirksarbeitsgruppe Potsdam war unter Leitung von Heinz LITZBARSKI in der Naturschutzstation Buckow angesiedelt und gab ein eigenes Mitteilungsblatt, die„ Mitteilungen der Bezirksarbeitsgruppe Artenschutz", heraus.
Jugendgruppe des Bundes für Vogelschutz, aus der in den Folgejahren einige aktive Vogelbeobachter hervorgingen( SCHÖLZEL 1977, LÖSCHAU 2000). So war in den 1950er Jahren eine kleine Handvoll von Vogelbeobachtern aktiv, die alleine oder in Freundeskreisen unterwegs waren. Hervorzuheben sind dabei Achim BRUCH und Martin LÖSCHAU, die über Jahrzehnte hinweg die Ornithologie in West- Berlin mit prägen sollten.