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(2023) 30. Sonderheft
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Otis 30( 2023) Sonderheft

Abb. 87: Rotmilan - eine Art mit kleinem Hauptverbreitungsgebiet, für die Brandenburg und Deutsch­ land eine große Schutzverantwor­tung tragen. Foto: W. Suckow, Mai 2020, Briest / UM.

( GLUTZ V. BLOTZHEIM et al. 1971), mit dem Ver­breitungsschwerpunkt in Mittel- und Westeuropa . Der Gesamtbestand wird aktuell auf ca. 35.000 Brutpaare geschätzt( BIRDLIFE INTERNATIONAL 2022), davon allein in Brandenburg 1.500-1.800 BP( RYSLAVY et al. 2019), also immerhin etwa 5% des Weltbestandes. Nach den Einschätzungen der Brandenburger Roten Liste ist der derzeitige Bestand stabil, zumindest seit Mitte der 1990er Jahre, für Deutschland leicht gesunken bei Zu­nahme in Westeuropa . Allerdings zeichnet sich lokal ein deutlich negativer Trend ab. Bekannt ist allerdings auch, dass die Vorkommen oftmals grö­Beren Schwankungen unterlagen, z. B. in Sachsen um 1900 zeitweilig fast fehlende Bruten. Auch für Brandenburg können solche Tiefpunkte erwar­tet werden, wie HOCKE 1910( in ALEX 2011) und SCHALOW( 1919) schätzten. Neben Landnutzungs­änderungen spielt auch die Windkraft als Gefähr­dungsfaktor zunehmend eine Rolle. Unabhängig davon besitzt Brandenburg eine hohe Verantwor­tung für den Schutz der Art, auch wenn derzeitig keine echte Gefährdung vorliegt.

Die Groẞtrappe, ehemals Charaktervogel der märkischen Niederungen und Feldfluren, muss heute trotz erheblicher Schutzmaßnahmen immer noch als vom Aussterben bedroht eingestuft wer­den( Kategorie 1). Erfolgreiche Bestandshebungen auf derzeitig über 300 Vögel in der Mark können darüber nicht hinwegtäuschen. In Deutschland kommt die Art nur noch in Brandenburg und im

unmittelbar benachbarten Fiener Bruch in Sach­ sen- Anhalt vor.

Ob die Art als prähistorisches Faunenelement in Deutschland zu betrachten ist( KLAFS 1965), muss hier offen bleiben. Verschiedentlich wird da­von ausgegangen, dass die Großtrappe Branden­ burg erst besiedelte, als durch die Landwirtschaft entsprechende Freiflächen durch Wald- Abholzun­gen entstanden, die den Vögeln Lebensmöglichkei­ten schufen. Das ist nicht gesichert. KLAFS( 1985) nennt Ausgrabungsfunde aus Sachsen- Anhalt mit Groẞtrappenknochen, die darauf hinweisen, dass die Art in der Steinzeit zur Jagdbeute gehörte, also vor der Entwicklung des Ackerbaus.

Erste Nachrichten reichen bis ins Mittelal­ter zurück, z. B. auch durch Münzprägungen aus dem 13. Jahrhundert. Angaben zur Jagd auf diesen größten flugfähigen Vogel in Deutschland könnten darauf schließen lassen, dass die Art in früheren Jahrhunderten recht häufig gewesen sein muss ( KLOSE 2005). Nach einem Edikt aus dem Jahr 1610 unterlag die Großtrappe dem Jagdrecht und 1668 gehörte sie zur Hohen Jagd. Zeitweilig galt sie sogar wegen starker Vermehrung als Schädling in Getreidefeldern. BEKMANN ( 1751) bezeichnet den Vogel als häufig und in Ausbreitung begriffen. Im Jahr 1756 wurde eine Ausnahmegenehmigung zur Dezimierung im Havelland erteilt und im Cottbu­ ser Raum zur Niederen Jagd eingeordnet. 1885/86 wurden in Preußen 818 Trappen geschossen und Anfang des 20. Jahrhunderts noch Treibjagden auf Trappen durchgeführt( GEWALT 1959).