Heft 
(2023) 30. Sonderheft
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Kalbe und Mädlow: Zur Geschichte der brandenburgischen Ornithologie

Eine genaue Bestandaufnahme durch Befragung von Jägern stammt aus dem Jahr 1934( LUTZ 1935). Danach lebten in Brandenburg ca. 3.700 Großtrappen, um 1900 könnten es ähnlich hohe Bestände gewesen sein; immerhin wurden zu die­ser Zeit 325 geschossen( 1895/96). Zumindest ab Mitte des 20. Jahrhundert sank der Bestand all­mählich, so schätzten RUTSCHKE& MIETH( 1966) den Gesamtbestand auf 900 Exemplare. Das setzte sich dann bis in die 1980er Jahre fort, so dass zu dieser Zeit nur noch ca. 250 Trappen in Branden­ burg vorkamen. Erste Schutzbemühungen gingen von Steckby unter Leitung von Max DORNBUSCH aus; die aus ausgemähten Gelegen aufgenomme­nen Eier wurden in den Tierpark Berlin gebracht.

1974 startete die Bezirksnaturschutzverwal­tung Potsdam das Schutzprojekt Großtrappe mit Manfred LOEW( Fachgruppe Rathenow), der sich hauptamtlich um die Propagierung des Groß­trappenschutzes in den Landwirtschaftsbetrieben bemühte, sich um die durch Landwirtschaftsar­beiten gefährdeten Gelege kümmerte und sie zum gleichzeitig gestarteten Brut- und Aufzuchtpro­gramm nach Steckby brachte. M. LOEW erhielt dann den Auftrag, eine geeignete Einrichtung zu suchen, in die die Arbeiten aus Steckby verlagert werden sollten. Er fand das Gehöft bei Buckow/ Nennhausen, das ab Herbst 1978 in einem ersten Schritt so umgebaut wurde, dass dort ab 1979 die geretteten Trappengelege aus dem Bezirk Potsdam ausgebrütet und die Küken aufgezogen und ausge­wildert werden konnten. Gleichzeitig übernahm Heinz LITZBARSKI die Leitung der Naturschutz­station. Neben den praktischen Schutzmaßnah­men haben die Mitarbeiter der Naturschutzstation Buckow ab 1985 intensive und kontinuierliche Forschungen zur Entwicklung der Flora und Fau­na auf unterschiedlich genutzten Agrarflächen der Groẞtrappenbrutgebiete durchgeführt, die bis in die Gegenwart andauern und deren Ergebnisse beispielsweise in die Managementpläne der SPA Fiener Bruch und Belziger Landschaftswiesen ein­gegangen sind.

Immerhin wurden damals allein im Bezirk Potsdam jährlich um 90 Eier geborgen, 1977 so­gar 170( LOEW in RUTSCHKE 1983), die dann in Buckow ausgebrütet wurden, aber die Zahl der Groẞtrappen nahm weiter ab. Als Tiefpunkt gilt ein Bestand von unter 100 Vögeln, im Minimum

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Abb. 88: Männliche Großtrappe. Foto: T. Krumenacker. unter 60, in den 1990er Jahren. Ganz offensicht­lich wirkten sich die Schutzbemühungen vor allem hinsichtlich der Erfolge durch Auswilderungen nachgezogener Vögel noch nicht aus, dafür war sicher u. a. der Zeitraum der bisherigen Maß­nahmen zu kurz, auch die Erfahrungen sowohl bei der Auswilderung als auch bei den Schutz­maßnahmen in der Landschaft zu gering. KALBE ( 1986) berechnete so auf der Grundlage von Mo­dellbetrachtungen hinsichtlich Wachstumsraten und Generationsdauer als Verdopplungszeit für die Groẞtrapppenbestände mindestens 14-20 Jah­re. Das hieße dann, dass sich frühestens ab 2010 die Zahl der Großtrappen gegenüber den 1990er Jahren verdoppelt haben könnte. Das hat sich im Wesentlichen bestätigt. Es ist vor allem der Erfolg der beispielhaften Arbeit der Naturschutzstati­on und später Vogelschutzwarte in Buckow ( vgl. LITZBARSKI& LITZBARSKI 2015)! Maßgeblich waren hier eine großflächige Extensivierung der Landnutzung unter Betreuung der Naturschutz­station und des Fördervereins Groẞtrappenschutz sowie der Bau prädatorensicherer Einzäunungen.

Trotzdem scheint das erreichte Ergebnis noch nicht zu garantieren, dass die Population sich nun ohne weiteren konsequenten Schutz selbst repro­duzieren kann; sicher eine Aufgabe für die nächs­ten Jahrzehnte!