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Sonderheft 3, Theodor Fontane: Reisen in Thüringen
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zur Erde, Commandirstab in der Rechten, Schwert an der Linken, Schärpe, gestickter Gustav Adolf-Kragen, dickes sinnliches Gesicht, eignes Haar, Schnurr und voller breiter Knebelbart. Auch das Gym- nasial-Gebäude ganz Renaissance, sowohl der Hauptgiebel, wie die kleinen 6 Dachgiebel. Aber alles einfach und wenig markantes.

Das Bild, das in der Moritzkirche sein soll, und das entweder von Cranach oder vielleicht (die Buchstelle ist unklar) von der Praetorius herrührt, ((der Castellan sagte, es sei von Cranach)) hab ich im Original nicht mehr gesehn. Die Composition ist diese: [folgt Skizze s. S. 41, Abb. 11] a. und b. sind die Reihen der städtischen Bürgermeister und Abgesandten, alle schwarz, jeder durch sein Stadtwappen, das wie ein Schild vor ihm steht, charakterisirt.

c. Karl V. in Pontificalibus; ich glaube unter einem Thronhimmel.

d. Ein Tisch, an dem drei Rathsherren oder Bügermeister oder Delegirte sitzen, die das Dokument eben ausgefertigt oder unterzeichnet haben; .vieleicht sind es auch kaiserliche Räthe. Im Ganzen ist einem eine solche Composition lieber wie die Biefvsche. Man hat von dieser Naivität mehr als von dem künstlerischen Arrangement. Die Farben, trotz des vielen Schwarz, sind sehr wirksam, theils durch das Kaiserroth mit Thron­himmel, theils durch die bunten Wappenschilde.

Nachträglich eingefügt: ich glaube einfenstrig. 2 Nachträglich eingefügt: wohl zu größrem Theil. 3 Danach gestrichen: das. 4 Nachträglich eingefügt: Wagen. 5 Doppelt unterstrichen: höchst. 6 Danach gestrichen: ebenso. 7 Doppelt unterstrichen: Markt. 8 Doppelt unterstrichen: alles. 9 Nach­träglich eingefügt: Nr. 91. 10 Nachträglich eingefügt: bis. 11 Nachträglich eingefügt: prätoriussche. 12 Nachträglich eingefügt: wenig vorspringende.

Neuses.

Am Eingänge des Dorfes auf einer von hohen Bäumen kreisförmig 1 umstandenen und eingefaßten 2 Wiese erhebt sich das Rückert-Monument; ein etwa zehn Fuß hohes Postament von grauem Granit, auf dem die in Marmor ausgeführte Colossalbüste des Dichters ruht. Inschrift: Friedrich Rückert. Das Arrangement ist sinnig genug 3 . An den 4 einfas­senden hohen Bäumen hin 5 , ebenfalls einen Kreis beschreibend, läuft ein Kiesweg, in engrem Kreis umstehn junge Pflaumenbäume das Monument, im engsten 6 gleichsam das Schwarze in der Scheibe ein ansteigendes, einen Hügel bildendes Blumenbeet, ein Blumenhügel, aus dem das Monument emporwächst.

Dies alles ist hübsch und sinnig genug; aber es ist doch nicht eigentlich charakteristisch. Ein solches Arrangement würde für Schmidt v. Wer­neuchen passen, oder für Geßner oder für alte Poeten, die Wiese und Wiesenblumen besungen haben. Für Rückert ist dies aber höchstens halb richtig. Er war einfach und 7 wahr und ächt in seinem Empfinden, insoweit trifft es zu; aber er war zugleich glänzend, fremdländisch orientalisch bunt und reich und dieser Rückert, der eigentlichste, der

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