vom März 1843 heißt es aufgrund der bei Kriege beschlagnahmten Papiere über ihre Tätigkeit: »Sie deklamieren viel von goldener Freiheit, versprechen Gut und Blut zu opfern, feinden die bestehenden Regierungssysteme an .. . und dringen auf Abschaffung derselben . . . Besondere Wirksamkeit legen sie auf Versammlungen, die sie Kränzchen nennen, in welchen Vereinsansichten besprochen, Aufsätze geliefert werden . . .' n Derartige Kränzchen gab es verschiedene: Geselligkeitskränzchen, Lesekränzchen, in denen die Schriften des Jungen Deutschland und Oppositionsblätter zu finden waren, und Zusammenkünfte mit dem Ziel politischer und wissenschaftlicher Ausbildung der männlichen, auch der nichtstudierenden Jugend, in denen Aufsätze vorgetragen, besprochen und dabei die freie Rede geübt wurde.
In einem solchen Ausbildungskränzchen sehen wir Fontanes „Herwegh-Klub" verborgen. Ihm gehörte der nichtstudierende Apotheker 1841/42 in Leipzig als äußeres, mitkneipendes Mitglied an. Sein Leipziger Aufenthalt fiel genau in die Zeit, in der Kriege und Schauenburg, denen er nicht zufällig im Haus des ehemaligen Burschenschaftlers Robert Binder begegnete, ihre Hauptaktivität auf die „Allgemeinheit” richteten. An Krieges Bemühungen um Kontakte mit der Universität Halle erinnert sich Fontane in seiner Erwähnung eines von diesem organisierten Treffens der „Hallenser und Leipziger Burschenschaft in Lützschena". 1 - Schauenburgs Wirksamkeit als eines Erziehers der Jugend kommt in Fontanes »Epistel an H. S." mit dem Titel „Studenten" zum Ausdruck. In diesen Versen korrespondiert seine Kritik an „Renommisten, Raufern und Stutzern"' 1 , wie sie die Korps und alten Landsmannschaften bevölkerten, mit dem Bemühen der Führer der „Allgemeinheit" um „Sittlichkeit, Ehrenhaftigkeit und Wissenschaftlichkeit" unter den Studenten, und seine Verspottung der Unsitte der Formalkontrahage mit dem um Einschränkung, ja Beseitigung des Duells als eines Sonderrechts des Studentenstandes. Auch den Vorrang, den Fontanes Forderung nach Freiheit vor der Forderung nach Einheit des Vaterlandes genoß, finden wir im progressistischen Ideengut wieder. Fontanes Zugehörigkeit zur erweiterten Burschenschaft gab seiner Leipziger Zeit das menschliche und politische Schwergewicht; durch den nicht abgerissenen Verkehr mit einigen der Kränzchenmitglieder wirkte sie auch in das Dresdner Jahr hinüber und dürfte — unüberlegt, sorglos und ohne Lebensplan, wie Fontane nach Max Müllers späterer Schilderung damals war 1,1 — auch maßgebend für seinen ausgefallenen und bald wieder aufgegebenen Entschluß gewesen sein, das Abitur nachzuholen, um Geschichte oder Medizin studieren zu können. Im Alter nannte Fontane sein Kränzchen, das in der R egel aus acht bis zehn Mitgliedern bestand und in Privatwohnungen durchgeführt wurde, bald „Herwegh-Klub", bald „Vor-vor-Rütli" 15 , bald „Geheimbund oder mindestens Clique", die „für einen jungen draußenstehenden Mann. .. Fühlung mit der Gegenwart" bedeutet, „noch besser Friktionen, die dann zu Streit und Kampf führen.' 10 In diesen Fortbildungskränzchen hörte er im Kreise seiner Kneipkumpane die einzigartigen Vorträge des Studenten lm achten Semester Wolfsohn über die Altmeister der russischen Literatur und über die „damals noch lebenden oder doch erst jüngst gestorbenen Dichter", die heutigen Klassiker Puschkin, Lermontow und Gogol, — zu einer Zeit, da eben erst, im Wintersemester 1841/42, durch Cybulski in Berlin slawistische