Aus den biologischen Skizzen über die Vorfahren in den „Kinderjahren" geht hervor, daß der Großvater Pierre Barthelemy seinem guten Französisch eine Stellung als Geheimer Kabinettssekretär bei der Königin Luise verdankt hat' 1 . In seinem Hause wird noch französisch gesprochen 7 . Doch davon hat der Vater nicht so viel profitiert, daß er sozusagen zweisprachig aufgewachsen wäre, Seine Muttersprache ist schon das Deutsche, mag er auch noch über gute Kenntnisse der Sprache eines Teils seiner Ahnen und einen beträchtlichen Wortschatz verfügt haben. Das Französische ist ihm darüberhinaus ein besonderer auditiver Genuß*, er tut sich darin hervor - , Anekdoten über Napoleon in französischer, allerdings eigenwilliger Fassung darzubieten. „Mitunter wurde diese Fassung auf Grammatik und Satzbildung hin beanstandet, worauf mein in die Enge getriebener Papa mit unverbrüchlicher Ruhe antwortete: .Mein französisches Gefühl lehrt mich, daß es so heißen muß, so und nicht anders', ein Ausspruch, der natürlich den Jubel steigerte"' 1 .
Nach diesem Bekenntnis kann man sich eine hinreichend genaue Vorstellung von dem Sprachunterricht machen, den der junge Theodor, nachdem ihn die Mutter aus der Grundschule abgemeldet hat, beim Vater genießt." (Ich) . . . sollte . . . täglich eine Stunde bei meiner Mutter lesen und bei meinem Vater einige lateinische und französische Vokabeln lernen, dazu Geographie und Geschichte..." 111 . Eine Art didaktisch-methodischer Krönung erfährt das väterliche pädagogische Streben in dem oft exerzierten — „cette Sorte de petit drame" 11 — „La Tour d'Auvergne, premier grenadier de France" 12 .
Aber die Vermittlung französischer Sprachkenntnisse im Hause Fontane darf trotz dieser oft „gehobenen" didaktischen Atmosphäre nicht unterschätzt werden. Der Vater greift auch, „wenn er etwas scharf markieren wollte" 13 , auf französische Wörter zurück.
Viele Beziehungen der Fremdsprache haben sicherlich damals im täglichen Wirkungsfeld der familiären „Haussprache" 1 ' 1 den Eingang in Fontanes Wort- und Sprachschatz gefunden, und die treffsichere Handhabung französischer Termini durch den Dichter an Stellen, wo oft ein deutsches Wort den semantischen Kern der Begriffe nicht präzis wiedergeben würde, können wir darauf zurückführen.
Regulären Schulunterricht in Französisch hat Fontane zwar genossen, in Swinemünde, auf dem Neu-Ruppiner Gymnasium 15 und in der Klödenschen Gewerbeschule zu Berlin 10 , jedoch quantitativ und qualitativ 1 ' in beschränktem Umfang. So ist es nicht verwunderlich, daß man eindeutige autobiographische Äußerungen, die vielleicht auch über den Grad der Neigung zu diesem Unter- nchtsfach hätten Auskunft geben können, vergeblich sucht. Die Bemerkung in einem Brief an Graf zu Eulenburg bezieht sich auf die Weihnachtszeit 1831, a ls er mit anderen Honoratiorenkindem in Swinemünde vom Hauslehrer Ul Philippi unterrichtet wird: „... ein Märchen aus .Tausend und einer Nacht', das ich vor fünfzig Jahren auf einer Klippschule aus dem Französischen übersetzen mußte, und das mir ängstlich im Gedächtnis geblieben ist, weil das Wort .enceinte' darin vorkam" 18 .
Wie weit ein solcher Schulunterricht doch Früchte getragen hat, läßt sich heute nicht mehr feststellen.
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