Einwand, daß Fontane bei solchen Her-Übersetzungen auch fremde Hilfe in Anspruch genommen haben könnte, ist zwar nicht von der Hand zu weisen, aber im ganzen doch wenig wahrscheinlich. Geäußert hat er sich dazu nicht. So dürfte er auch die Übertragung des französischen Vers-Briefes Friedrichs des Großen an Voltaire (vom August 1739 aus Königsberg), den er in Steinhöfel gefunden hat'' ’, allein vorgenommen haben.
Anders steht es in der Frage der Hin-Übersetzungen, das heißt der — oft .recht kurzen — französischen Dialoge und Gespräche in den Werken' 10 , die nicht auf eigene Aufzeichnungen — wie in den Erlebnisbüchern aus Frankreich' 1 ' — zurückgehen. Hierzu gesteht Fontane freimütig, allerdings in anderem Zusammenhang, in einem Brief vom 15.2.1888 an Emil Schiff: „Und nun die Dialektfrage! .. .Ich griff früher.. . zu dem auch von Ihnen angeratenen Hilfsmittel und ließ durch Eingeweihte, die übrigens auch nicht immer zur Hand sind, das von mir Geschriebene ins Koloniefranzösische oder Schlesische oder Plattdeutsche transponieren"' 18 . Doch dieses offene Bekenntnis soll nicht als unumstößliches Indiz zur Bildung eines Urteils über die Qualität der französischen Übersetzereigenschaften des Dichters gelten. Daß — vergleichsweise gesehen — Fontane als Übersetzer vom Englischen ins Deutsche oder umgekehrt mehr zu leisten vermocht hat, steht außer Frage. Eine gründlichere Schulbildung, die er im Sommer 1851 durch systematische Sprachstudien beim Lektor der Berliner Universität und einem Schottländer ergänzt, ermöglicht es schon dem jungen Poeten, englische Gedichte und Balladen und sogar einen Roman der Mrs. Gore, The money-lender, zu übersetzen' 01 . Letzteres ist ihm, nach Pniowers Urteil, „ganz ausgezeichnet"’ 10 in flüssiger und gewandter Weise gelungen. Die englischen Sprachkenntnisse' 1 kommen ihm auch zugute, als es darum geht, mit Privatunterricht der ernsten finanziellen Bedrohung in der eben geschlossenen Ehe abzuhelfen.
Eine situationsbedingte, schwankende Selbsteinschätzung, wie wir sie hinsichtlich der Französischkenntnisse festgestellt haben, ist im Hinblick auf das Englische nirgends zu finden. „ ... a good knowledge of English language .. annonciert Fontane 1852 in der Londoner Times, um sich einen Nebenverdienst zu schaffen, und auch im Brief an Mathilde von Rohr bezieht er sich am 10. 6. 1870 bei Darlegung seiner Fähigkeiten in erster Linie auf englische Sprachkenntnisse’' 1 .
Eine Untersuchung über Fontanes Verhältnis zur französischen Sprache bliebe unvollständig, wollte man nicht auch einen Blick auf den Gebrauch französischer Fremdwörter werfen, der fast allen seinen Schriften ihr stilistisches Ge- prägegibt. Doch wir betreten hier einen außerordentlich vielschichtigen Bereich, der zwar in der Fontane-Forschung schon hier und da berührt worden isf, aber trotzdem — etwa unter Anwendung onomasiologischer Methoden — noch besonderer Beachtung wert wäre. Im Rahmen dieser mehr umfassenden Analyse müssen wir uns jedoch, um das bisher gewonnene Bild zu ergänzen, a uf die Berücksichtigung einiger weniger Fakten beschränken.
Von Albin Schultz liegt seit über 50 Jahren eine Arbeit vor, die sich mit dem Fremdwort bei Theodor Fontane beschäftigt’ 1 ' 1 . Ein Nachteil dieser sonst so bemerkenswerten Untersuchung scheint darin zu liegen, daß sie sich außer
177