mit den damals vorliegenden Briefen nur mit „Grete Mindc", „L'Adultera" und „Irrungen Wirrungen" befaßt, aber so aufschlußreiche Romane wie „Vor dem Sturm", „Schach von Wuthenow", „Cecile", „Unwiederbringlich", „Effi Briest" und den „Stechlin" außer acht läßt, anstatt sie mit ihrem gesellschaftlichen Konversations-Milieu zu bevorzugen. Schultz beachtet das Fremdwort schlechthin, obgleich in seiner nach Sachgruppen geordneten Übersicht der französische Anteil überwiegt. Zum anderen ist seine Methode vom Wortbestand her final auf die dichterische oder schriftstellerische Produktion gerichtet, während folgender kurzer Exkurs vom Wortbestand her retrospektiv auf die origo abzielt. Auf Registrierung und tabellarische Differenzierung der Einzelwörter muß da bei aus obengenannten Gründen weitgehend verzichtet werden.
Bei Durchsicht auch der von Schultz nicht beachteten Werke bestätigt sich ein von ihm beobachtetes Phänomen: die französischen Vokabeln und Sprichwörter (proverbes und dictons) sind weit in der Überzahl. Aber es fallen auch deutliche Unterschiede des Gebrauchs ins Auge, die vom Stoff her historische und soziologische Grande haben. So fehlen in der „nach einer altmärkischen Chronik aufgezeichneten" „Grete Minde " 55 französische Fremdwörter fast gänzlich, und sie sind auch in der Kriminalgeschichte aus dem Oderbruch, „Unterm Birnbaum"’’ 11 , recht schwach gesät, sofern man die mit großen Anfangsbuchstaben versehenen Substantive” unberücksichtigt läßt. Bezeichnenderweise „divertieren" sich in der mit plattdeutschen Brocken durchsetzten Novelle „Ellernklipp"’’* nur die Offiziere mit französischen Floskeln’ 11 . Eine außerordentliche Anhäufung französischer Wörter weisen die Romane auf, in denen die „Gesellschaft" zu Wort kommt. Die adlige führt darin unbestritten, ob sie nun in der Mark, in Berlin, Wien, Ungarn oder in Kopenhagen-Frederiksborg zu Hause ist, ob es sich dabei um die schon erwähnte Gräfin Pudagla oder die „ihre Rede selbstverständlich mit französischen Einschiebseln garnierende" (s. o.) Tante Marguerite handelt.
Wenig steht jedoch das Bürgertum, in den eigens ihm gewidmeten sogenannten „Berliner Romanen", darin zurück. So hat, exempli causa, der Begriff „Mesalliance" in „Irrungen ..." 00 „Stine " 01 und „Frau Jenny Treibei' 0 - seinen jeweils anders nuancierten, stilistisch-funktionalen Platz.
Von vornherein erscheint es einleuchtend, daß französische Fremdwörter hauptsächlich in den Gesprächen auftreten. Der Realist Fontane bedient sich dieses Stilmittels, um den Konversationston der Salons zu treffen und die einzelnen Charaktere von der Sprechweise her zu modifizieren. Schultz gibt in seiner Arbeit eine große Anzahl von Belegen über die typisierende Funktion des französischen Fremdworts. Zwei, einmal auf die Abstammung, dann auf die Bildung hinweisende seien hier erwähnt: „. . . dem Dichter kommt es gerade darauf an, mit Hilfe des vornehmlich französischen Fremdwortes den Plauderton der geistreichen Genferin Melanie de Caparoux individuell zu gestalten" 0 ”- Bei ihrem Gatten geht es darum, durch das Fremdwort „. .. das Vonsichüber- zeugtsein, das Bildungsprotzentum, den Bourgeois . . . energischer auch formal zum Ausdruck zu bringen" 0 '’.
Wie die Romane sind auch Fontanes Briefe eine Fundgrube für die Suche nach der bewußten Verwendung des französischen Fremdworts. Ob Fontane in seinen Briefen einen „weit größeren Gebrauch " 00 davon macht, um mit Schultz
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