Dem französischen Fremdwort im Rahmen dieser Untersuchung einen Platz cinzuräumen, haben wir als notwendig erachtet, weil uns der Nachweis wichtig erscheint, daß der französische Sprachgebrauch bei Fontane in der Hauptsache umweltbedingt 0 ' 1 ist. Deutungen, die das französische Fremdwort als Surrogat für „mangelnde deutsche Treffsicherheit" — wie Fontane sich einmal in einem Gespräch mit Paul Lindau geäußert hat 05 — oder als Ausdruck „unübersetzbarer französischer Denkvorstellungen " 116 in die Argumentation zu biologischpsychologischen Hypothesen einordnen wollen, müssen unvermeidlich in spekulative Resultate einmünden. Dem im Gespräch zugestandenen Mangel an Treffkraft für den Ausdruck bei raschem Niederschreiben steht die Bemerkung gegenüber: . und ich will Ihnen gerne zugestehen, daß ich alljährlich
viele hundert um nicht zu sagen tausende von Wörtern und Wendungen gebrauche, wo deutsch ebenso gut oder besser (v. Verf. gesperrt) wäre . . ,"' 17 .
Im Gebrauch französischer Wörter also eine spezifische Äußerung französischer Wesenheit bei Fontane erblicken zu wollen, kann nicht als schlüssig angesehen werden und entbehrt wissenschaftlicher Grundlage. — Zu einer ganz anderen Beweisführung sogar ließe sich die Vorliebe für Fremdwörter heranziehen, wollte man Eduard Wechßler folgen, der darin einen deutschen Charakterzug vermutet 08 .
Am Rande nur noch sei in diesem Zusammenhang die Frage aus heutiger Sicht aufgeworfen, ob es denn wünschenswert gewesen wäre, daß Fontane das französische Fremdwort sparsamer eingesetzt hätte. Die verständnisvollen Leser würden das sicherlich unumwunden verneinen. Denn es ist doch gerade das Timbre französischer Laute, das in seiner zeitgebundenen Liebenswürdigkeit dem Berliner Kolorit vor der Jahrhundertwende so viel kräftige Töne verleiht.
Anmerkungen
* a. a. O. — ohne weiteren Zusatz: bezieht sich immer auf den letztgenannten Titel, (bei schon zitierten Werken — vgl. •* — mit Verfassernamen).
1 Spiero, Heinrich: Theodor Fontane, Wittenberg 1S28, S. 135.
2 Heilborn, Ernst: Das Fontane-Buch, Berlin 1921, S. 33.
3 Aegerter, Emil: Theodor Fontane und der französische Naturalismus, Diss. Bern 1922, S. 51.
4 Amann, Paul: Theodor Fontane und sein französisches Erbe, in: Euphorion, XXI Leipzig und Wien 1914, S. 647.
3 Dresch, Jean: Le Roman Social en Allemagne, Paris 1913, S. 277.
6 Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre, in: Sämtliche Werke, Nymphenburger Verlagshandlung, München 1959 ff. Bd. XIV, München 1961, S. 9.
7 * a. a. O., S. 122 f.
8 Vgl. a . a. O., S. 48.
9 a. a. O., S. 94.
10 a. a. O., S. 122.
11 Bainville, Jacques: Les Descendants de Refugics et d'Emigres Frangais dans L'Allemagne Contemporaine, in: Revue des Revues, No. 3, Paris 1900, S. 251.
42 Fontane: Kinderjahre, S. 124 f.
13 a. a. Cb, S. 103.
14 a. a. Cb, S. 11.
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