Heft 
(1970) 11
Seite
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Unter solchen Voraussetzungen waren die Erforschung, der Schutz und die Pflege der Denkmale zu einer staatlichen Hoheitsaufgabe geworden, und an die Stelle sporadischer Aktionen, wie sie bereits in vorangegangenen Jahr­hunderten erfolgt waren, trat eine systematische Betreuung des überkommenen Kulturgutes. Zahlreiche öffentliche Museen, Denkmalkommissionen und Ämter wurden geschaffen. In Preußen wurde im Jahre 1843 die Stelle eines Konser­vators der Kunstdenkmäler eingerichtet und .das Amt dem Schinkelschüler, Ferdinand von Quast (18071877), übertragen. Fontane war mit ihm bekannt und hat sich auch, da Quast einen ausgezeichneten Überblick über den mär­kischen Denkmalbestand besaß, von ihm Rat für seine Arbeit geholt.

Gewiß erklärt sich Fontanes historisches Interesse vor allem aus seiner Zeit, doch dringt es tiefer und begnügt sich nicht mit äußeren Erscheinungen. Er suchte die Motive menschlicher Handlungen zu ergründen und die Verkettung der Umstände, es war vornehmlich die Abfolge, die historische Entwicklung, die ihn fesselte, mehr noch als das einzelne historische Moment. Ihre Spuren verfolgte er in den Denkmalen. In seinem Roman »Vor dem Sturm' (1878) formulierte er dies Anliegen bei der Schilderung des Besuches der Dorfkirche von Hohen-Vietz:War nun aber das Äußere der Kirche so gut wie unver­ändert geblieben, so hatte das Innere derselben alle Wandlungen eines halben Jahrtausends durchgemacht.'Nur unsere Dorfkirchen stellen sich uns vielfach als die Träger unserer ganzen Geschichte dar, und, die Berührung der Jahr­hunderte untereinander zur Erscheinung bringend, besitzen und äußern sic den Zauber historischer Kontinuität.' 5

Da solche Kontinuität dort, wo im 19. Jahrhundert Restaurierungen vorgenom­men worden waren, mehr oder minder gestört war, äußerte der Dichter ange­sichts solcher Erneuerungen mehrfach sein Bedauern und auch seine Kritik. In denWanderungen durch die Mark Brandenburg" vermerkt er zur Kirche in Teupitz, daß nach vorgenommener Restaurierung alles hin oder so gut wie hin sei, was die Forschung vor fünfzig Jahren noch hätte finden können. 6Das Innere, ein seltener Fall bei renovierten Kirchen", schreibt er zur Spandauer Nicolaikirche,bietet mehr als das Äußere verspricht". 7 Er kritisiert auch, daß man den alten Dorfkirchen durch die Erneuerungen ihren ganzen Schmuck nimmt:Die buntbemalten Fenster, die großen Steinkruzifixe, die Grabsteine, die vor dem Altar lagen, die Schildereien, mit denen Liebe und Pietät die Wandpfeiler schmückte, sie sind alle längst hinweggetan." 8 Auch ein Gedicht Fontanes hat solche Kirchenemeuerung zum Gegenstand.Kirchenumbau" mit dem UntertitelBei modernem Gutswcchsel" hat er es benannt:

Spricht der Polier:Nu bloß noch das eine: Herr Schultze, wohin mit die Leichensteine? Die meisten, wenn recht ich gelesen habe, Waren alte Nonnen aus .Heiligen Grabe'."

Und Ritter?"

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