Zu Beginn des Jahrhunderts war das Bürgertum bemüht gewesen, möglichst breite Kreise der Bevölkerung an Schutz und Pflege der Denkmale zu beteiligen.
In einer französischen Instruktion zur Denkmalerfassung des II. Jahres der Republik hieß es u. a.: „tous ces objets precieux. .. qu'on tenait loin du peuple et qu'on ne lui montrait que pour le frapper d'etonnement, toutes ces richesses lui appartiennent'. 28 Auch in Preußen waren die Bemühungen fortschrittlicher Kräfte — unter ihnen verdient Karl Friedrich Schinkel besonders genannt zu werden — um die Denkmale von demokratischem Geist getragen. Aber die Entwicklung nahm einen anderen Gang. Mehr und mehr wurde im letzten Drittel des Jahrhunderts die Denkmalpflege zur Sache einiger vom Staat eingesetzter Spezialisten und verminderte damit ihre eigentliche Basis. Die Anteilnahme und das Wissen manches Kundigen, wie ihn Fontane im .Stechlin' beschreibt, blieben auf diese Weise unbeachtet.
Fontanes Wissen über Denkmale der Geschichte und Kultur, in langen Jahren erworben, fließt wie aus einer unversiegbaren Quelle in die Erzählungen und Romane ein, die in dichter Folge im letzten und wesentlichsten Abschnitt seines Schaffens entstanden.
In „Vor dem Sturm" (1878) nahm er ein längeres Streitgespräch über Bodenfunde in den Gang der Handlung auf, und Baudenkmale des Oderbruchs spielen teilweise den Hintergrund des Geschehens. Zur Schilderung eines Besuches im Schloß zu Quedlinburg in „Cecile" (1887) wurde er durch seine häufigen Sommeraufenthalte in Thale angeregt. In seinem letzten Roman „Der Stechlin" (1899) spielen die Ruppiner Denkmale keine unwesentliche Rolle. Auch im „Schach von Wuthenow' (1883), in „Stine" (1890), „Unwiederbringlich" (1892) und in seinem wohl bekanntesten Roman „Effi Briest" (1895) — um nur einige zu nennen — finden Denkmale in der einen oder anderen Weise Erwähnung.
Die Liebe zur Historie, zu Kunst, die Freude an genauer Beobachtung und detaillierter Beschreibung führten Fontane zu den historischen Denkmalen. Und dienten sie einerseits „bessrer Erkenntnis und größrer Liebgewinnung historischer Personen", so prägen diese Denkmale sich andererseits den Lesern auch als unvergeßliche Schauplätze der Handlungen ein, woraus sich auch eine „bessre Erkenntnis und größre Liebgewinnung" der Denkmale selbst ergibt.
Anmerkungen
1 Brief an Theodor Wolff vom 24. Mai 1890. s. Fontanes Briefe in zwei Bänden. Berlin und Weimar 1968. Bd. II S. 275
2 Brief an Wilhelm Hertz vom 31. Oktober 1861. s. Fontanes Briefe in zwei Bänden, a. a. 0 - Bd. I S. 290—91
3 Theodor Fontane, Wanderungen durdi die Mark Brandenburg. Bd. 1 1 Die Grafschaft Ruppi* 1 Bd. II: Das Oderland. Barnim*Lebus. Bd. III: Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg. Bd. IV: Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow. Ins Theodor Fontane, Sämtliche Werke. Bde. IX—XII. München, Nymphenburger Verlagshandlung. 1960