Editoren haben das Wort
Charlotte Jolles (London)
Fontane und eine Episode aus Thackerays „Vanity Fair".
Fontane macht es Editoren gelegentlich recht schwer. Im Kapitel „Die Musikmacher" in Ein Sommer in London, wo Fontane über die Strafen virtuosen schreibt, insbesondere den „povero Italiano", heißt es:
Ach, wie oft hab' ich sie schon gehört, und je mehr ich sie hasse, je mehr verfolgen sie mich. Thackeray erzählt gelegentlich von einem 68jährigen Manne, der eines Morgens ganz ernst beim Frühstück sagte: „Mir träumte diese Nacht, Mr. Robb züchtige mich." Seine Seele hatte die Schreckenseindrücke der Schule noch immer nicht ganz los werden können. Ich stehe nicht mehr in erster Jugend, aber ich halt' es nicht für unwahrscheinlich, daß mir noch nach dreißig Jahren „povero Italiano" im Traum erscheint und mich züchtigt — mit seiner Orgel. (Nymphenburger Fontane Ausgabe Bd. 17, S. 24.)
Später, im 12. Kapitel der „Grafschaft Ruppin" („Civibus aevi futuri"), wird dieselbe Episode erwähnt, die tatsächlich aus Thackerays Vanity Fair stammt:
Während des ersten Drittels dieses Jahrhunderts regierte Thormeyer, der Schulmonarch, wie er im Buche steht. Ich habe selbst noch bei meinem Eintritt ins Gymnasium ein Cornelius-Nepos-Kapitel unter seinen Augen oder richtiger unter seinen Nüstern übersetzt, und was Thackeray in seinem Vanity Fair erzählt, „daß ihm von Zeit zu Zeit immer noch Mr. Birch in seinen Träumen erscheine", das kann ich auch von meinen Beziehungen zum alten Thormeyer sagen. (Nymphenburger Fontane Ausgabe Bd. 9, S. 176.)
Weder der Name Robb noch Birch stimmt. Der Name des Schultyrannen in Vanity Fair ist Dr. Raine. Die Episode wird im 2. Kapitel erzählt, nachdem Rebekka Sharp und Amelia Sedley Miss Pinkertons Schule ,Chiswick Hall' verlassen hatten, Rebekka mit einem Protestakt, der ihre Freundin Amelia bestürzte :
for, consider, it was but one minute that she had left school, and the impressions of six years are not got over in that space of time. Nay, with some persons those awes and terrors of youth last for ever and ever. I know, for instance, an old gentleman of sixtyeight, who said to me one morning at breakfast, with a very agitated countenance, "I dreamed last night that I was flogged by Dr. Raine." Fancy had carried him back five and fifty years in the course of that evening. Dr. Raine and his rod were just as awful to him in his heart, then, at sixty-eight, as they had been at thirteen. If the Doctor, with a large birch, had appeared bodily to him, even at the age of three-score and eight, and had said in awful voice, "Boy, take down your pant...?" Well, well.
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