teils kurz vorher abgeschlossene, teils noch in Gang befindliche Restaurierung dieser drei Dome seine Aufmerksamkeit.
Diese Unternehmungen wurden damals allgemein mit Anteilnahme verfolgt. Im 18. und frühen 19. Jahrhundert wurde der hellen vereinheitlichenden Raumfassung — oft eine Weißaustünchung — der Vorzug gegeben. Viele mittelalterliche und Renaissanceräume waren mit einem hellen Anstrich übertüncht worden. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war der farbig gefaßte mittelalterliche Raum eine bedeutsame Wiederentdeckung, und Architekten, Maler und Restauratoren bemühten sich um die Wiederherstellung mittelalterlicher Raumfassungen oder aber um die farbige Neufassung in Anlehnung an historische Vorbilder. Irrtümer und Fehlgriffe waren dabei unvermeidlich, denn einerseits waren die Kenntnisse vom Mittelalter noch unzulänglich und zum anderen — bedingt durch den eklektizistischen Zeitstil — war das Empfinden für den Wert des Originals gegenüber der Nachbildung noch nicht hinlänglich entwickelt.
Die farbige Fassung mittelalterlicher Räume hat auch Fontane beschäftigt, zumal die Kahlheit und Leere von Baudenkmalen für ihn immer etwas Trostloses hatte. In seiner Beschreibung der Heiligedreikönigs-Kapelle des Domes zu Roeskilde 9 , den er im Jahre 1864 besucht hatte, bekennt er, er habe seine Bedenken gegen die farbige Neufassung gotischer Kirchen angesichts dieser Restaurierung überwunden; das hinderte ihn aber nicht, im Jahre 1871 zu der Ausmalung der Kirche in Bonsecours 10 zu bemerken, daß er anstelle solcher ihm als Verirrung erscheinender Bemalung doch die weiße Tünche vorzöge. D. h. es gab auch in dieser Frage für Fontane keine für alle Fälle gültigen Regeln 11 . Die Ausmalung der Dome zu Mainz, Worms und Speyer fand seinen Beifall. Bemerkenswert ist aber, daß ihm beim Wormser Dom wohl doch gewisse Zweifel kamen; er fragte sich, ob die Ausmalung nicht „zu schön“ 12 sei, ein Einwand, der Jahrzehnte später vielfach gegen die Ausmalung dieser Dome erhoben wurde. Weder fremde noch eigene Prinzipien vermochten ihm den Blick für die besondere Situation zu sperren; davon zeugen selbst so beiläufige Bemerkungen, wie er sie über die Kirche St. Gereon machte, sie sei doch „eigentlich viel merkwürdiger“ 13 als der Kölner Dom.
Auch sein Urteil über die Barockarchitektur läßt bei aller Bindung an die zeitüblichen Auffassungen doch seine persönliche Meinung erkennen. Im allgemeinen teilt er die Ansicht, die Barockarchitektur habe keinen künstlerischen Wert, stellt dann aber zum Mainzer Dom fest, daß dies „Roccocowerk“ 14 doch nicht störend sei.
Diese sehr persönlichen Auseinandersetzungen Fontanes vermögen vor allem seine Notizbuch-Eintragungen zu erhellen, weil die unmittelbaren Äußerungen darin erhalten blieben.
Interessanten Aufschluß gibt das Notizbuch von der Rheinreise aber auch über seine Arbeitsweise. Das Bild, das sich in dieser Hinsicht bietet, ist bezeichnend für die meisten seiner Reisenotizbücher 15 .
Mit Hilfe der Reiseführer von Baedeker und Klein bereitete Fontane s >ch auf die Rheinreise vor, wählte danach seine Routen 16 und orientierte
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