zuweisen, die früher in einem Kreuzgang standen und jetzt in der ..Taufkapelle“ die Wände schmücken. Eine Grablegung Christi ist sehr schön.
Unmittelbar neben dem Dom liegt „Heil’s Garten“. Diesen muß man durchaus besuchen, zunächst deshalb, weil man von den Terassen dieses Gartens aus den schönsten Ueberblick über die Nord- und Nordwestseite des Domes hat; außerdem aber auch, weil dies die Stelle ist, wo Luther, auf dem Wormser Reichstag, vor Kaiser und Reich erschien.
Wo jetzt das hübsche Haus des Herrn Heil (eines sehr reichen Lederfabrikanten) steht, stand früher der „Bischofs-Hof“ und hier fand der Reichstag statt. Das beinah mannshohe Fundament des jetzigen Hauses gehörte dem Bischofshofe an. Der Führer sagte mir, er entsänne sich noch des alten Gebäudes und der Treppe, die in Front desselben hinaufgeführt hätte. Sie habe aus Sandsteinquadern bestanden und sei eine Doppeltreppe, mit steinerner Treppenwange gewesen. Also etwa (ohne Wange) so: [folgt Skizze.] 53 . Eine kleine Thür aber, die jetzt noch — in der Höhe des Fundaments — in der Sandsteinmauer ist, scheint drauf hinzudeuten, daß auch unter der Treppe ein Eingang war. Dies gab der Führer als leicht möglich zu, konnte sich dessen aber nicht genau besinnen. [Folgt Skizze.] 54
Von einem Höhenpunkt des Gartens aus, auf freiem Felde, eine halbe Stunde Wegs nach Alzey zu, sieht man den Luther-Baum, eine hohe Rüster. Er steckte hier, als er nach Worms zog, seinen Stab in die Erde und sagte: [.. .] 55
Und siehe da, der Stab schlug aus und wurde ein Baum. Das Volk hängt sehr an diesem Lutherbaum. Wiewohl er grünt und blüht, ist er ganz hohl. Vor einiger Zeit (durch Fahrlässigkeit eines Jungen) brannte er; in unglaublich kurzer Zeit waren die Spritzen aus allen nahe gelegenen Ortschaften heran und da man den morschen Baum so zu sagen abgespritzt haben würde, so goß man das Feuer von oben her aus. — Luther war 14 Tage in Worms; er wohnte im „Johanniterhof“ in der jetzigen Kämmer Straße™, 3 bis 4 Minuten Wegs vom Dom und dem Bischofshof. Der Johanniterhof ist weg; es steht jetzt dort ein ziemlich großes Gebäude, das städtische Casino.
Im Volke sind die Erinnerungen an jene große Zeit sehr schwach; noch schwächer sind natürlich die Erinnerungen an König Günther, an Siegfried, Chriemhild und Brunhilde. Niemand weiß davon. Wo jetzt Herr Lederfabrikant Heil wohnt, wohnte früher König Günther. Hier stanu Günthers Burg, bevor die Burg zum „Bischofshofe“ wurde. An der Südseite des Domes, auf dem jetzt parkartigen kleinen Platze hatten die beiden Königinnen ihren Streit. Eine Viertelstunde von der Stadt entfernt, an der andern Seite des Rheins, liegt der „Rosengarten“' 57 jetzt nichts andres als ein großes Stück Wiesenland (wohl fast eine Viertelmeile lang) mit Werftweiden 38 und einigen Eichen beflanzt. Ich sah mir den „Rosengarten“ an; ein Gasthof 3. Ranges, der an der Lisiere dieses Wiesenlandes gelegen ist, heißt zum „Rosengarten“ .Man trinkt dort Landwein für ein paar Kreuzer.
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